Für politisch interessierte Gehörlosen:
Ein Spiegelbericht
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... -2,00.htmlHelmut Kohl wird 80
Der Machtmenschler --- Eine Analyse von Franz Walter
Sein Weltbild war schlicht, seine Rhetorik oft kitschig, andere waren klüger.
Aber Helmut Kohl überdauerte als Kanzler fast jede Krise.
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Die Partei war sein Leben, weit stärker als das bei Konrad Adenauer
oder auch bei Kurt Georg Kiesinger, erst recht bei Ludwig Erhard,
den früheren Kanzlern der CDU also, der Fall war.
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Kohl war keine ambivalente Figur, kein Mensch voller Widersprüche,
weder schweifend noch ruhelos suchend.
Sein Weltbild war schlicht, dabei prägnant; und es war zeitig gezimmert,
seitdem stabil.
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2. Teil: Politik als Geduldsprobe - Aussitzen als Prinzip
Gewiss, Helmut Kohl war längst nicht so klug, auch nicht so gebildet wie Strauß.
Aber Kohl verfügte über bessere Menschenkenntnisse,
konnte zumindest in den Jahren seines Aufstiegs
auch ihm geistig überlegene Figuren im eigenen engeren Umfeld aushalten,
was Strauß für sich nie erduldete.
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Kohl ging an Politik nicht analytisch heran, wie Helmut Schmidt.
Er sah sich nicht als kühler Manager des politischen Prozedere,
folgte nicht der Reihe: Problemdiagnose - Lösungsoptionen - Handlungsstrategie.
Kohl urteilte nach praktischen Erfahrungsmaßstäben,
auch nach Instinkt und Intuition, wie später Gerhard Schröder ebenfalls.
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Dass Kohl etliche Krisen politisch überlebte, dass er länger Kanzler blieb
als jeder andere in den deutschen Demokratien,
dies führte Kohl auf seine Erdung zurück. ((bodenbeständig / nicht hochkompliziert))
Und die ungewöhnliche Dauer seiner Laufbahn reproduzierte seine Selbstsicherheit,
politisch mit dieser Wahrnehmung richtig zu liegen.
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Es ist oft beschrieben worden: Kohl pflegte Männerfreundschaften
seit den Tagen der jungen Union.
Er half und ihm wurde geholfen; er machte Karriere und zog die Getreuen nach.
Er bewies Loyalität denen, die ihm treu ergeben waren.
Wer irgendwann ausscherte oder sich gar wiedersetzte,
den allerdings trafen Bann und Fluch. Hass, Ächtung, Feindschaft -
auch das war Bestandteil des "Menschelns" im System Kohl.
Am Ende, schon nach Ablauf der Kanzlerschaft,
wurden während des Parteispendenskandals 1999/2000
all die problematischen Züge grell offenbar,
als Kohl unversöhnlich das Band zerschnitt,
was ihn lange mit Wolfgang Schäuble und
noch länger mit Norbert Blüm verknüpft hatte.
Sie waren nun Verräter.
Da blieb der Kanzler der Einheit unversöhnlich.
Bis heute, noch im Alter von 80 Jahren.
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Kein Wunder, Kohl hat's mit "mehr tun" zum Bundeskanzler geschafft
und seine Macht erhalten lange.
Das ist auch ein Vorbild! :-)
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