Liebe Pyros,
in deinem letzten Beitrag fragst du dich:
Zitat:
Grübel grübel, wie schafft man das eigentlich, wörtlich mehr zu sagen als die nebeneinander gesetzten Wörter ausdrücken?
Nie von “zwischen den Zeilen lesen” oder “zwischen den Zeilen stehen” gehört? In der Kommunikationswissenschaft weisst man, dass mehr als Worte allein gesagt wird.
Ich habe oben schon ein Beispiel mitgegeben, wie Satzbau zur Bedeutung eines Satzes beiträgt (Aktiv- und Passivsatz). Nicht nur Satzbau, sondern auch Kontext und Vorwissen sind unerlässlich fürs Verstehen der geschriebenen (und auch der gesprochenen) Texte unerlässlich. Beziehungen der Sätze untereinander müss man auch raten. Höhere Leseleistung, wie gemessen durch einen standardisierten Lesetest (etwa ab der Fünft-Klassen-Lesestufe), ist stets mit diesen übersprachlichen Fähigkeiten verbunden. Sogar wenn ein falsches Wort genommen wird, erlest man manchmal den beabsichtigten Sinn trotzdem.
Zitat:
Grübel grübel, […]Die Erleuchtung: Es handelt sich hier um Politiker und andere Schwafler, der zwar stundenlang reden können, dabei aber nichts Konkretes sagen.
Ja richtig! Um zu erkennen, dass die Politiker wenig Sinn reden, muss zuerst gegrübelt werden. Ein anderes Beispiel, wie man das Gerede jenseits der Worte verstehen muss.
Zitat:
Das ist ein Armutszeugnis für die Yankee-Dolmi! Die deutschen Dolmi scheinen hierbei um Längen besser zu sein. Vom Einsatz eines Zwischendolmi ist mir in Deutschland nichts bekannt.
Das wird in Deutschland noch kommen. Ich wurde 1998 nach Deutschland geholt, um einen Vortrag darüber zu halten. Im Taubenschlag war einmal der Vortragstext darüber, aber er ist wahrscheinlich beim Umzug verschollen worden.
Berufstätiges Zwischendolmetschen gab in den USA vor 30 Jahren nicht. Als das GS-Dolmetschwesen sich professionell seit 1964 weiterentwickelte – also als die Dolmetscher viel besser wurden – stellte sich die Zweckmässigkeit und Notwendigkeit von tauben nativen Signers als Dolmetscher heraus. Es wird dann eine Qualitätssteigerung des Dolmetschdienstes festgestellt.
Zitat:
Wenn hier extra erwähnt wird, dass die Tagungsteilnehmerin intelligent war, lässt das gewisse Rückschlüsse zu, wie der Autor die anderen Anwesenden einschätzte.
Grübele weiter, warum ich diesen Einschub zwischen den Klammern () hineingesetzt habe.
Zitat:
Wieso beide DGS?? Bisher dachte ich immer, es gibt nur eine Deutsche Gebärdensprache.
Grübele weiter, was mit dem Wort “beide” gemeint ist.
Zitat:
Bei gebärdetem Deutsch, kurz LBG genannt, begleiten Gebärden den gesprochenen Satz. Wenn dieser Satz grammatisch richtig formuliert ist, warum führt LBG dann zu verfälschtem Deutsch?
Weisst du überhaupt, was beim gebärdeten Deutsch geschieht? Weisst du überhaupt, dass fast alle grammatische Elemente des Deutschen auf dem Mund nicht abzulesen sind? (Bist du wirklich sicher, dass Gebärden den gesprochenen Satz begleiten, nicht auch umgekehrt gesprochene Wörter die Gebärden?) Man muss schon vorher gut Deutsch können, um dann die nichtgebärdeten grammatischen Teile hineinlesen zu können. Ein lernendes taubes Kind sieht nur unvollkomenes Deutsch vom täglich dargebotenen gebärdeten Deutsch und verinnerlichert dabei eine Abart von Deutsch, wenn nichts dagegen getan wird.
Wenn du trotz deines Grübelns meine Schreibe nicht verstehen kannst, dann nochmals Schöne Grüsse von Ralf Raule!