vom 11.11.07
Deutsche Gesellschaft der Hörgeschädigten
- Selbsthilfe und Fachverbände e. V.
Pressemitteilung
Gesellschaftliche Teilhabe hörgeschädigter Menschen
muss dringend verbessert werden
Eisenach, 10. November 2007 – „Für hörgeschädigte Menschen gibt es
immer noch keine umfassende Teilhabe am öffentlichen Leben. Die Politik
muss die Rahmenbedingungen verbessern, damit wir nicht hinten
runter fallen“, fordert Dr. Ulrich Hase, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft
der Hörgeschädigten auf der Jahrestagung seines Verbandes
in Eisenach.
Ein seit Jahren drängender Punkt sind die fehlenden Untertitel im Fernsehen.
Ohne Untertitel können viele hörgeschädigte Menschen weder
Nachrichten noch Reportagen oder Spielfilme verfolgen. In den 17 wichtigsten
deutschen Fernsehsendern sind nur rund drei Prozent der Beiträge
mit Untertiteln versehen. Die höchste Untertitelquote erreicht mit
14 Prozent die ARD. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) kommt auf
acht Prozent. RTL und Sat1 landen mit null Prozent auf traurigen letzten
Plätzen.
In den USA werden bis zum Jahr 2008 100 Prozent angestrebt, England
will 80 Prozent untertitelte Beiträge bis 2010 erreichen. „Wir fordern die
Politik auf, gesetzliche Bedingungen für eine Untertitelung von Fernsehbeiträgen
zu schaffen. Mittelfristig wären 50 Prozent ein tragfähiger
Kompromiss. Langfristig soll auch Deutschland 100 Prozent Untertitel im
Fernsehen anstreben“, sagt Ulrich Hase. Dies sei keineswegs ein Angriff
auf die Unabhängigkeit der Fernsehanstalten. „Es soll nicht geregelt
werden, was die Anstalten senden, sondern dass die Beiträge auch von
hörgeschädigten Menschen verstanden werden können“, betont Hase.
Zumal die Kosten für die Untertitelung im Vergleich zu den Produktionskosten
im Fernsehen gering sind.
19.11.2007
Paradeplatz 3
24768 Rendsburg
Tel. 0 43 31-58 97-50
(auch Schreibtelefon)
Fax 0 43 31-58 97-51
E-Mail
info@deutsche-gesellschaft.de
Die Deutsche Gesellschaft der Hörgeschädigten will zudem möglichst
viele Dolmetschereinblendungen bei Nachrichtensendungen, Reportagen
und Dokumentarfilmen; zusätzlich täglich eine Nachrichtensendung
mit einem gehörlosen Moderator. „Untertitel und Gebärdensprachdolmetscher
sind ein Schritt auf dem Weg zu einem barrierefreien Fernsehen
und zu einer barrierefreieren Gesellschaft“, betont Ulrich Hase.
Mit großer Sorge wird die Entwicklung der Hörgeräteversorgung betrachtet.
Seitdem die Krankenkassen vor 18 Jahren Festbeträge für Hörgeräte
eingeführt haben, ist die Versorgung hörgeschädigter Menschen deutlich
schlechter geworden. Immer mehr mittel- bis hochgradig schwerhörige
Menschen sind unterversorgt. „Der Gesetzgeber muss in der Gesundheitspolitik
angemessene Vorkehrungen zur Qualität der Hörgeräteversorgung
treffen. Gut funktionierende Hörgeräte sind ein wichtiger
Beitrag, damit hörgeschädigte Menschen am sozialen und beruflichen
Leben teilhaben können“, erläutert Andreas Kammerbauer, stellvertretender
Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft der Hörgeschädigten.
Die Situation wird sich noch verschärfen, wenn die Krankenkassen ihre
Pläne umsetzen, nur noch von ihnen nach einer Ausschreibung zugelassene
Hörgeräteakustiker zu akzeptieren. „Diese Ausschreibung geht
weiter zu Lasten der Qualität, wenn sich die Akustiker gegenseitig unterbieten“,
warnt Andreas Kammerbauer. Ausschreibungen für Hörgeräteversorgung
sind auch deshalb nicht sinnvoll, weil die Kosten zu 80 Prozent
durch Dienstleistungen entstehen. Die Deutsche Gesellschaft der
Hörgeschädigten empfiehlt den Krankenkassen, auf die Ausschreibungen
zu verzichten und stattdessen flächendeckende Kollektivverträge
mit den Hörgeräteakustikern zu schließen.
In Deutschland sind Millionen Menschen hörgeschädigt, Tendenz steigend,
die Dunkelziffer ist hoch. Rund 300.000 sind so stark hörgeschädigt,
dass sie als schwerbehindert gelten. Davon sind rund 80.000 Menschen
gehörlos.
Ansprechpartner für Rückfragen:
Dr. Ulrich Hase, Tel. 01 72/6 83 47 75