Thema"Deutsche Herbst" Vor 30 Jahren entführte die RAF den Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer. Die Wochen um dieses dramatische Ereignis sind als 'Deutscher Herbst' in die Geschichte eingegangen. 'Deutscher Herbst' - hinter dieser romantischen Metapher verbirgt sich eine der größten innenpolitischen Krisen der Bundesrepublik, nämlich die Wochen des Jahres 1977, in denen die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer durch die 'Rote Armee Fraktion' (RAF) die Öffentlichkeit in Atem hielt. Eigentlich begann dieser Herbst bereits mit dem Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback im April und endete Mitte Oktober mit den Selbstmorden der inhaftierten RAF-Mitglieder Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe und mit der Ermordung Schleyers. Im September 1977 wollen die Entführer Schleyers Gefangene freipressen: Im Hochsicherheitstrakt der Haftanstalt Stuttgart-Stammheim sitzen nämlich Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe, Schlüsselfiguren der terroristischen RAF. Die Bundesregierung will sich aber nicht erpressen lassen, der Staat müsse darauf mit aller notwendigen Härte antworten, erklärt der damals amtierende Bundeskanzler Helmut Schmidt unnachgiebig. Und tatsächlich ist in diesem Herbst 1977 oft vom Ausnahmezustand die Rede, auch vom rechtlichen. Fahndungen laufen auf Hochtouren. Die Polizei entwickelt die Methode der 'Rasterfahndung'. Dabei werden Zigtausende Daten nach 'verdächtigen' Merkmalen 'gerastert', also gefiltert, von denen man annimmt, dass sie auch auf die gesuchte Person zutreffen (z.B. Stromrechnungen, die ausschließlich bar bezahlt werden). Ein Kontaktsperrgesetz verbietet gefangenen Terroristen jeglichen Kontakt zu ihren Anwälten sowie untereinander. Die Allgegenwart der Staatsgewalt, die die RAF immer bekämpft hat, beschwört sie selbst herauf. Der Kampf der RAF hat sowieso nicht mehr viel mit den gesellschaftspolitischen Visionen der ersten Generation der späten 60er und frühen 70er gemein. Stießen die Forderungen der RAF in früheren Jahren noch auf Verständnis für tiefgreifende, überfällige Veränderungen im politischen System, so hat sich dieses bald erschöpft: Für das brutale Vorgehen der Terroristen 1977 ist nur noch in Kreisen am linkesten Rand der Gesellschaft Verständnis zu erwarten. Nach längeren parlamentarischen Verhandlungen beschließt die Bundesregierung Anfang 1978 ein Antiterrorgesetz, das gestern wie heute weite Teile der Bevölkerung spaltet. Diese Gesetzesänderungen erweitern u.a. das Recht zur Durchsuchung von Wohnungen auf ganze Gebäudekomplexe, schaffen eine Rechtsgrundlage für die Einrichtung von Kontrollstellen, erlauben die Identitätsfeststellung und dehnen die Vorschriften für einen Ausschluss des Verteidigers aus. In einem Klima der Angst und Aggression werfen repressive Gesetze die Frage nach der Balance zwischen Freiheit und Sicherheit in einem demokratischen Staat auf. Gestern wie heute.
Wer ans Ziel getragen wurde,darf nicht glauben,es erreicht zu haben.
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