@Hartmut, dafür, dass Du kein Schnellschreiber sein willst, verzapfst Du Halbwahrheiten (im Bezug auf das CI) aber ziemlich flott. Kann ja nachvollziehen, dass Du von der Technik des CIs nichts verstehst, aber schwierig finde ich es, auf solcher Art Halbwissen - auch moralische - Urteile gründen zu wollen bzw. dieses Halbwissen ständig zu wiederholen, obwohl schon mehrfach auf die Fehler hingewiesen wurde. Aber Dein Halbwissen passt Dir in Dein Konzept ... also immer weiter und bloß nicht beirren lassen.
Nehmen wir mal Dein Posting auseinander, auch wenn ich nicht so ganz verstehe, was Du mit dem Begriff "Simulation" im Gegensatz zur "tatsächlichen Wahrnehmung" meinst. Um die Funktionsweise des CIs zu verstehen, muss man zunächst wissen, wie das Gehör normalerweise arbeitet. Dazu ein Link zur FDA:
"What is a cochlear implant?". Besonders aufschlussreich ist diese
Flash-Animation, die einige wesentliche Aspekte visulaisiert.
Wichtig für das Gehör ist die Schnecke, eine mit Flüssigkeit gefülltes schneckenförmiges "Knöchelchen", auf dessen Innenseite sich die Haarzellen befinden. Diese sind letztlich dafür verantwortlich, dass sich Schwingungen (in der Flüssigkeit der Cochlea) in elektrische Nervenimpulse umwandeln lassen. Ihr Ausfall ist in vielen Fällen für Schwerhörigkeit bzw. Taubheit verantwortlich. Entscheidend ist nun, dass die Stelle, an der die Haarzellen innerhalb der Schnecke durch die Schwingungen in Bewegung versetzt werden, die Information über die Frequenz (= Tonhöhe) übermittelt. Hohe Frequenzen werden ganz Außen in der Schnecke wahrgenommen, tiefe ganz Innen an der Spitze der Schnecke. Dies bezeichnet man als Tonotopie und ist letztlich dafür verantwortlich, warum das CI so gut funktioniert (und das ABI noch nicht so gut).
Soweit zum natürliche Gehör. Beim CI wird nun die Funktion der Haarzellen durch die Elektrode ersetzt, die die Frequenzinformation direkt - auf Grund des tonotopische Prinzips - an den Hörnerv übermittelt. Zu diesem Zweck wird ein akustisches Signal vom Sprachprozessor nach den darin enthaltenen Frequenzen zerlegt: Das heißt, es wird analysiert - vereinfacht gesprochen - wie stark (= laut) sind die tiefen Töne, wie laut die mittleren und wie laut die hohen Töne. Es werden natürlich mehr Frequenzen genommen als diese drei. Wieviele genau, das hängt von der jeweiligen Strategie und dem Hersteller ab. Auf Grund dieser Analyse errechnet nun der Sprachprozessor, welche der M Elektroden (M zwischen 16 und 24 - je nach Hersteller) wann und wie stark angesteuert wird. Dabei macht man sich wieder das tonotopische Prinzip zu Nutze, weil man weiß, dass von zwei benachbarten jene den tieferen Ton erzeugt, die weiter Innen liegt. Wie genau diese Auswahl abläuft, ist von Hersteller zu Hersteller und Strategie zu Strategie unterschiedlich.
Warum hört man als CI-Träger nun trotzdem mehr als M Frequenzen? (Kleiner Hinweis: Der Mensch kann Frequenzen etwa zwischen 20 Hz (Schwingungen pro Sekunde) bis zu 20.000 Hz hören). Das liegt daran, dass die Elektroden sehr schnell hintereinander angesteuert werden (bei einem Hersteller). Der zeitliche Abstand ist so kurz, dass die Töne nicht getrennt wahrgenommen werden sondern gleichzeitig, als Überlagerung. Überlagert man unterschiedliche Frequenzen in unterschiedlicher Lautstärke so kann man im Prinzip jeden Ton erzeugen. Dieses Prinzip machen sich z.B. Keyboards zu nutze, die sowohl den Klang eines Klaviers als auch den Klang einer Klarinette, einer Guitarre etc. pp. erzeugen können. Auch dort werden Schwingungen unterschiedlicher Frequenz und unterschiedlicher Lautstärke überlagert, so dass ein bestimmter Klangeindruck entsteht (für die Experten: Das ist ein mathematisches Prinzip, das vom Mathematiker Fourier Anfang des 19ten Jahrhunderts entdeckt wurde).
Die von Mike34 erwähnten 120 Kanäle kommen auf andere Art und Weise zustande. Der Hersteller (Advanced Bionics) spricht von "virtuellen Kanälen". Dahinter verbirgt sich folgende Idee: Wenn ich zwei benachbarte Elektroden gleichzeitig mit der gleichen Stromstärke ansteuere, so entsteht für den Hörnerv der Eindruck, die Erregung liege genau in der Mitte zwischen den beiden Elektroden. Wenn ich nun durch die eine (vordere) Elektrode etwas weniger Strom fließen lasse und durch die andere (hintere) etwas mehr, so verschiebt sich dieser Ort der Erregung (der Hersteller nennt das einen "virtuellen Kanal") hin zur hinteren Elektrode, es entsteht der Eindruck eines tieferen Tons. Auf diese Weise kommen 120 "virtuelle" Kanäle zustande.
Ob eine weitere Erhöhung der Elekrodendichte (jenseits der zur Zeit maximalen 24) sinnvoll ist, darüber herrscht durchaus noch Uneinigkeit unter den Experte. Es treten da nämlich ein paar Probleme auf, die man zunächst in den Griff kommen muss. Außerdem kann man ja bereits mit 24 Kanälen recht gut hören.
Soweit ein paar technische Erklärungen - ich hoffe sie waren verständlich!
Was damit klar geworden sein sollte ist, dass Hartmuts Aussage "
was in einem CI mehr als die Zahl der funktionierenden Elektroden leistet, ist Simulation hergestellt durch Software, nicht physisch" völlig falsch - mir persönlich auch unklar - ist. Die Reizung des Hörnervs durch die Elektroden ist ein physiologischer Vorgang. Die Art und Weise wie das geschieht ist inzwischen so pfiffig, dass auch komplexe Höreindrücke, die über die bloße Wahrnehmung von Sprache hinaus gehen, vermittelt werden können - rein physiologisch. Schlichtweg unverständlich ist Hartmuts Statement, dass nicht klar sei "
wie die verschiedenen Ton-Frequenzen tatsächlich wahrgenommen (...) oder nur simuliert aufgefasst" werden. Die Töne und ihre Frequenzen, ihr Klangfarbe werden "tatsächlich" und wirklich wahrgenommen - nicht nur simuliert. Hartmuts Vorgehen ist typisch für jemanden, der seine Ware (seine Vorstellung) "
hoch preist".
Pnin