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Virtuelles Kommunikationsforum für Gebärdensprachnutzer
Aktuelle Zeit: 18.04.2024, 03:36:42





 Sprachstörungen in DGS


Neuling



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hallo, ich brauche dringend Eure Hilfe!!!! :( Ich brauche Informationen ob die Sprachstörungen in Lautsprache und DGS die gleiche sind??? Sprachstörungen der Lautsprache sind es: Broca- Aphasie, Wernicke- Aphasie, Globale- Aphasie, amnestische Aphasie, Transkortikale Aphasie und Leistungsaphasie. Hat jemand vieleicht weitere Info darüber??? DANKE !!! [smile]



Neuling



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Hallo megi! [smile]

Ich habe hier dieses Buch vorliegen: "Was die Hände über das Gehirn verraten. Neurophysiologische Aspekte der Gebärdensprachforschung".
von Howard Poizner, Edward S.Klima, Ursula Bellugi. Signum-Verlag. www.signum-verlag.de

Es wurden Benutzer der ASL (American Sign Language) erforscht, die eine zentralnervöse Schädigung erlitten hatten (zB nach Schlaganfall oder Unfall)

Eine ähnliche Studie, aber mit DGS-Nutzern ist mir nicht bekannt.

Es gibt eine Arbeitsgemeinschaft an der RTHW in Aachen, die multidisziplinal in ungefähr dieser Oberthematik forschen. Also sich verknüpfend in den Bereichen Neuophysiologie, Psychologie, Pädagogik, Linguistik und Multimedia-Technik - alles auf Gebärdensprache bezogen.

lg von biene63



Neuling



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Hallo Biene!!!
Vielen dank für Info [veryhappy]. Dieses Buch habe ich auch gefunden, dass schlimmste ist, dass dort nirgendwo steht, wie die Störungen in DGS in einzeln heißen. Es sind zwar Vergleiche mit Laufsprache gezeigt, aber keine genaue Benennung (wie für die Lautsprache).
Vielleicht wäre es am besten, wenn ich die Störungen einfach beschreibe und dann die Beispiele aus DGS zeige ???!!!
Noch mal DANKE!!! [smile]



Neuling



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Hallo Megi! [smile]

Ich hab mal ne Verständnisfrage - irgendwie hab ich die Vermutung, dass ein Missverständnis besteht.

Du hattest ja nichts zu Deiner DGS-Kompetenz geschrieben.

Ich ahne hier mal, dass Du ein "Nur-Lautsprachler" ohne DGS-Kompetenz bist. Stimmt?
Wenn das so ist, aber eventuell noch andere lautsprachliche Fremdsprachen kannst, dann hast Du eine "Wort-für-Wort-für-Wort-Vorstellung"....als allgemeingültige Vorstellung, die man so für alle "Fremdsprachen" übernehmen könnte. In dieser Vorstellung gibt es eine Grammatik-Schnur, auf der die Worte nacheinaner aufgestapelt werden. Im Gehirn werden diese befädelten Worte-Perlenschnüre dann nacheinander bearbeitet.

Bei Gebärdensprachen passiert nun aber bezüglich Vokabeln und Grammatik ein bisschen was anderes, als das sonst bei Lautsprachen der Fall ist. Was?

Gebärdensprachlern nehmen nicht nur EINE solche Gebärden-Grammatik-Perlen-Schnur wahr. Sondern es werden mehrere solcher Sprachinhalte parallel wahrgenommen und alle miteinander verknüpft. Es entsteht eine Art "Gebärden-Perlen-NETZ"!!! [tongue]

Details dazu:

- Es gibt "normale Vokabeln", wie Du sie aus jeder Dir bekannten Lautsprache sonst auch kennst. Das sind so Vokabeln wie Mama, Papa, Montag, blau, Winter, gestern.

- Es gibt Vokabeln, die werden weitgehend nur per Mimik ausgedrückt...meint "adverbiale Mimik".

- Es gibt Vokabeln, die werden im Gebärdenraum dekliniert ausgeführt. Bei den Lautsprachen werden die Verben in den Endungen intensiv gebeugt....und es gibt meistens sehr komplizierte Fälle, um Zeitangaben und Beziehungen der handelnden Personen und bearbeiteten Gegenstände zu kennzeichnen. Bei der DGS dagegen wird halt der Gebärdenraum genutzt, um die Gebärdengrammtik auszuführen, der Gebärdenraum ist dreidimensional. Um den Gebärdenraum nutzen zu können, braucht man ein ausgeprägt entwickeltes Körperschema.

- Es gibt Vokabeln, die heissen "Klassifikatoren". Damit wird definiert, in welcher Weise eine Person, ein Tier oder ein Gegenstand sich im Gebärdenraum bewegt oder bewegt wird. Es wird mittels Klassifikator präzise angezeigt, welche Qualität diese Personen, Tiere oder Gegenstände haben.

Im Gebärdengespräch ist es typisch, dass am Anfang der Situationsbeschreibung eine "Situtations-Gebärde" gemacht wird...der Rest passiert über Klassifikator.

Darum würde ein GL (so vermute ich das) auch bei medizinischer Top-Bildung nicht mit Vokabeln wie "Aphasie" um sich werfen. Sondern was? Es würde mittels Klassifikator und viel Mimik das beschrieben werden, was "Aphasie" inhaltlich bedeutet....Eventuell würde am Schluss das Wort "Aphasie" per Fingeralphabet angezeigt. Aber zuerst mal muss die Bedeutung dieses Faktes klar sein.

lg von biene63



Neuling



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Hallo Biene, [smile]
Du hast recht, ich bin nur Lautsprachler.
Ich habe auch schon paar DGS Kurse gemacht und kenne die Grundlagen der Grammatik. Das alles über Mimik, Klassifikatoren ist mir schon klar.
Die Beispiele von Poizner habe ich noch mal analysiert.
Die ASL- Störungen sind auch mit Lautsprachstörungen vergleichbar.
Die Forscher haben die Broca- Aphasie bei einer Patientin gezeigt, bei anderen Agrammatismus usw.
Also kann man annehmen, dass die Benennungen gleich sind.
Danke [smile]



Spitzenmitglied



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@megi,
ich kenne taube, die weder LS noch GS erworben oder erlernt haben, obwohl sie dafuer Gelegenheiten gehabt hatten, eine GS zu lernen. Auch solche, die einen Gehirnschlag erlitten haben. Das Buch von Poizner wird dir was erklaeren. In das Zeichen stand mal eine Uebersetzung von Ursula Bellugi ueber taube Gehirnschlag-Opfern. Es wird generell noch die gleichen medizinischen Krankheitsbezeichnungen verwendet. Wie diese medizinischen Befunde auf die GS auswirken, wird noch weiter geforscht.

Etwas habe ich in meiner ueber 30jaehrigen ASL-Unterrichtstaetigkeit notiert, das wohl einzigartig fuer die GS sein koenne: Eine ueberaus starke und schwer korrigierbare Stoerung im visuellen Wahrnehmung und Nachahmen der Handkonfigurationen, Hand-Orientationen und Handbewegungen. Mir sind in meiner ungefaehr vier Personen vorgekommen, die seeeeeehr schwer die Zig-Zag-Bewegung fuer das Fingeralphabet von 'Z' nachahmen konnten. Es gibt entschieden eine besondere Lernbehinderung fuer Wahrnehmung, Merken, Erkennen und Ausfuehrung der Bewegungen. Wenn ich einen Namen geben muss, wuerde ich das 'Bewegungs-Aphasie und -Apraxia' nennen.

Ich habe auch erlebt, wie Lernende von GS die Sprache gut verstehen koennen, aber trotzdem nicht gut gebaerden koennen (motorisch und /oder sprachlich) oder umgekehrt.


Hartmut



Neuling



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Hallo Hartmut, :)
DANKE, DANKE für das Info.
Es freut mich, dass man hier so viel Hilfe finden kann !!!
[super]



Neuling



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Hallo! [smile]

@megi: Vor ner Weile hab ich im Taubenschlag-Forum mal was gepostet. Eventuell sind für Dich in diesem Text noch nicht bekannte, gar relevante Infos enthalten ...könnte ja sein...hmm

http://www.gehoerlose.de/viewtopic.php? ... parallelen

Text ist in Rubrik Cafe Taubenblau vom 17.Oktober 04

@Hartmut: Aha, da hast Du also offenbar GS-Lernende kennengelernt, die ähnliche Erfahrungen haben wie ich. Nun bin ich neugierig: Welchen Rat hast Du diesen Leuten gegeben, wie sie GL von sich erzählen können?....Wie kann ein offenbar hörender Mensch seine Schwierigkeiten klarmachen - wenn genau diese Schwierigkeiten doch im Bereich der Sprache liegen, die zur Kommunikation mit dem GL dienen? Wie kann ein Hörender mit eventuell existierender Zentraler Fehlhörigkeit klarmachen, dass man zwar alles hören kann, aber nur sehr eingeschränkt das Hören auch verstehen kann? Wie kann man einem GL mit niedrigem GS-Sprach-Niveau das Thema "Dyspraxie" erklären?....wenn doch Rollenwechsel und Classifikatoren und Mimik von dem Hörenden offenbar nur eingeschränkt benutzt werden können?

Ich schreib das so - weil ich jetzt seit 5 Jahren in diesem Dilemma stecke.
Die hörenden Lautsprachler denken, ich könne DGS.
Die GL halten mich für einen DGS-Anfänger. Und ich krieg so tolle Empfehlungen: "Du musst mal Fingeralphabet üben, dann wirst Du schneller!" oder sie wollen mit mir Vokabeln üben auf ungefähr DGS1-Ebene.

Meinen DGS-Dozenten konnte ich mit viel Aufwand erklären, was das Problem für mich ist. Aber oft vergessen auch sie, was da die Barriere in der Kommunikation ist.

Aber die Kommunikation mit GL im Alltag geht meistns schief....einfach weil diese GL sich von mir offenbar nicht ernst genommen fühlen.

Irgendwie schaff ich bisher nicht, möglichst effektiv darzustellen, dass ICH diejenige bin, die da ernsthaft ein bzw mehrere Handicaps hat.....auf die bitte Rücksicht genommen werden müsste - und in welcher Weise.

Was kannst Du mir raten?

lg von biene63

PS: Ich sehe das Training der DGS auch weiterhin als hervorragendes Mittel, um meine Dyspraxie auszugleichen. Mittels DGS-Training reift nun ein künstlich aufgebautes Körperschema heran, in dem ich alle Bewegungen in "DGS-getaufter Form" erinnern und gezielt einsetzen kann.
Jedoch: Es ist halt ein "künstliches Körperschema"...wie eine Art Gerüst aussen rum. Bedeutet: Es gibt auch weiterhin eine Menge Störfaktoren, die dieses künstliche Körperschema in mir einstürzen lassen....und dann funktioniert gar nichts mehr.



Spitzenmitglied



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Interessant, gibt es eine Kommunikationshilfe möglichst individuelle Ausdrucksmöglichkeit für die LGS/DGS-Betroffene mit Aphasie? Wie setzt man um, wenn man solche Störungen behoben wird? Das kann ich mir schwer vorstellen.


"Denk ich an Deutschland in der Nacht......." (H. Heine)




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