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 Sprachbehindert?


Spitzenmitglied



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Ich habe interessantes erfahren und werfe hier meine Frage.

Sind hörgeschädigte Menschen von der Natur her sprachbehindert? Und was versteht man genau darunter? Ob schwerhörig oder gehörlos oder spätertaubte oder auch hörende, ist der Begriff "sprachbehindert" medizinisch richtig ausgedrückt bzw. ausgewählt?

Ich bin schon auf eure Diskussionen gespannt.


"Denk ich an Deutschland in der Nacht......." (H. Heine)



Zuletzt geändert von TW1 am 07.11.2007, 13:30:12, insgesamt 1-mal geändert.

Spitzenmitglied



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Ganz klar: Nein.

Denn die Stimme und die Sprechwerkzeuge funktionieren ganz normal,
dass wir so "komisch" sprechen, liegt daran, dass wir unsere Stimme selbst
nicht hören und kontrollieren können.
Unsere komische Stimme resultiert sich also aus dem Hörschaden, nicht aus
der Sprachbehinderung. Von daher sind wir eigentlich nicht sprachbehindert.

Alles klar jetzt?



Spitzenmitglied



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@Calva,

ich würde dazu „jein“ sagen.

Man kann den Vorgang für richtiges Sprechen auch als Regelkreis betrachten.

Die Fähigkeit, Laute zu hervor zu bringen, ist auch bei GL von Geburt an größtenteils vorhanden.
Die Artikulation muss jedoch mehr oder weniger mühsam erlernt und ausgeführt werden.
Gesprochen wird aus dem Gedächtnis.

Wegen der Taubheit fehlt der Rückkopplungseffekt, wie man im Vergleich zu normal hörenden Menschen ein bestimmtes Wort ausspricht.

Beim Sprechen korrigiert ein Hörender automatisch fortlaufend seine Aussprache.
Das gilt für die Lautsstärke, Tonhöhe, Betonung und Melodik.

Der Taube kann das nicht. Er kann sprechen, aber aufgrund der fehlenden akustischen Kontrolle kann seine Sprache
große Abweichungen von der allgemein üblichen Artikulation haben.
Genau genommen sind GL dann nicht sprachbehindert, sondern artikulationsbehindert.

Das Wiki weiß auch etwas dazu.

Artikulation Wikipedia


Pyros



Mitglied



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Pyros, guter Link.
Die einseitige Sichtweise von Sprache als akustisch richtig sprechen,
war der grosse Fehler in den Gl-Schulen.
Die tauben Kinder wurden stundenlang auf richtig sprechen trainiert.
Dabei blieb echtes Sprachverständnis und Allgemeinbildung auf
der Strecke.



Rote Karte!
Rote Karte!



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Pyros, ronald7 et All,

absolut genau!!!

Daran kann ich mich erinnern, und wie
der Hauptlehrer nach einigen Wiederholungen
beim Schüler nach unbefriedigten Ergebnissen
bei den weiteren
Schülern das Gleiche macht.
Schnell sind die Schulstunden um.
Was, nichts in dieser Zeit konnte gelernt werden.
Und nachmittags machen die künftigen Gl-Lehrer
genau auf die gleiche Tour.
Das war sehr frustierend. /yakamoz



Spitzenmitglied



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@Pyros: Du hast richtig erfasst. Es gibt solche hörgeschädigten Leuten, die Probleme beim aussprechen haben. Mal einwandfrei, mal nicht einwandfrei. Artikultationsbehindert ist genau der richtige Begriff. Mich wundert, warum schwachsinnige Behördenleute mich als sprachbehindert abgestempelt haben. [nerv] Skandalös!


"Denk ich an Deutschland in der Nacht......." (H. Heine)



Spitzenmitglied



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Ich meine auch wie die andere...Es kommt vom Natur...Jeder ist anders...



Spitzenmitglied



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Man soll zwischen Sprechen und Sprache unterscheiden. Auch zwischen ihren Ableitungen sprechbehindert ~ sprachbehindert, Sprechfehler ~ Sprachfehler, usw.

In der paedagogischen Fachliteratur wird zu oft Sprechen und Sprache bedeutungsgleich verwendet, und 'Sprache' sowohl das artikulatorische Teil "Sprechen" als auch das Ganze "Sprache" samt Wortschatz und Grammatik, was nachteilig fuer taube Menschen auswirkt.

Statt 'Sprechen' kann man 'Artikulation' (wie im obigen wikipedia Link) benutzen. Ferner beschranke lieber das Wort 'Sprache' auf das ganze System mit Wortschatz, Grammatik und anderen Komponenten der Sprache, und zwar als Oberbegriff aller Lautsprachen und Gebaerdensprachen. Achte auch aufs Gebaerden des Begriffs 'Sprache', nicht als SPRECHEN (vor dem Mund), sondern mit zwei 5-Haenden vor dem Koerper.

Man denkt auch zu sehr, dass 'Sprache' immer lautsprachlich ist. Z.B. werden Woerter 'Sprachentwicklung', 'Sprachanbahnung', 'Spracherlernung', 'Sprachkompetenz', 'sprachig', 'sprachlich', 'spracharm', 'sprachlos' u.v.a. nur lautsprachlich aufgefasst, was als sprachlicher Manifestation von Audismus zu erachten ist. Diese Woerter betreffen der Gebaerdensprache auch.

Als meine Frau eine Klasse mit tauben Kindern hospitierte, bezeichnete der Paedagoge einmal den tauben Schueler als "sprachlich unbegabt", der dem Lehrer wenig mit dem Mund aber mehr mit Gebaerden beantwortete. Auf ihre Frage, "wieso?", antwortete der Lehrer: "Der kann nicht deutlich sprechen." Sie hat daraufhin ein verduztes Gesicht gemacht, worauf er das Wort 'sprach unbegabt' und diese Erklaerung nur wiederholte.

Es gibt auch Artikulationsfehler und Sprachfehler in der GS. Es gibt auch Hoerende, die ein Sprachproblem in der LS haben, aber eine bessere Beherrschung in der GS haben.

Oben redet ihr in Wirklichkeit ueber "lautsprachliche Sprechbehinderung" oder "(vollkommene/beschraenkte) Unfaehigkeit, muendlich Sprechlaute hervor zu bringen".

Den Beamten koenne man einen Zettel mit der Aufschrift "Ich bin nicht sprachbehindert. Ich beherrsche zwei Sprachen DGS und Deutsch." schieben.


Hartmut



Mitglied



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@Bagger Vance

Nein ich finde nicht, daß der Begriff "sprachbehindert" medizinisch korrekt ist. Gl sprechen in DGS, und das genauso gut wie Hörende in lautsprachlichem Deutsch.

Deswegen würde ich es als Beleidigung empfinden.

Hartmut hat es ja oben auch genau erklärt.




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