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 Grammatik der DGS


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Neuling



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Hmmm, aber man hätte das doch wenigstens etwas gleich machen können mit den unterschiedlichen grammatiken.
sicherlich muss man nicht jedes wort mitgebärden und GENAU übersetzen, aber den Satzbau hätten die doch einfach lassen können. naja, lässt sich leider nicht mehr ändern, aber ich denke, das hätte einigen viel "ärger" erspart.

naja, schlimm ist es nicht, dass mein mann "weil" nicht benutzt (oder nicht benutzte), aber manhmal muss er sich mit dem HD deutsch ranhalten. Sowas MUSS man ja auch irgendwie können. allein wegen der selbstständigkeit.

aber warum es so ist, dass ihr "grund" gebärdet weisst du auch nicht oder? war für mich damals voll der "schock"... da das wort weil... naja, so normal ist und dafür nen neues zu nehmen und den ganzen satzbau zu ändern... ist schon schwer zu verstehen für mich wieso das alles so kompliziert gemacht worden ist.

Ja, ich schreibe (wenn ich in gl schreiben will, sag ich jetzt mal so) auch nach bauchgefühl. Wenn mein mann zum beispiel etwas nicht versteht was ich ihm geschrieben habe (sms oder so), dann versuche ich es immer so zu formulieren, dass es dem ähnelt wie er immer schreibt ;)



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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Mit GS kann man auch selbstständig sein. Ich beispielerweise kann 2 1/2 Sprachen: Gebärdensprache, Deutsche (Laut- und Schrift-)Sprache.
Bei Hörenden, verwende ich also Gebärde. Werde nicht verstanden, spreche ich. Werde nicht verstanden, wiederhole ich und gegebenfalls schreibe ich.
Umgekehrt dasselbe: Spricht er und ich verstehe nicht bitte ich zum schreiben.
Tatsache ist dass viele Gehörlose mit ihre nicht gute Kompetenz der Deutschen Grammatik in der Bildung in Ungnade gefallen sind. Viele wollen nicht wahrhaben, dass Sprechen alleine nicht das Gelbe vom Ei ist um Deutsche Grammatik zu können. Und obwohl es genug Indiz dafür gibt dass es mit der GS auch geht, wird immer noch die These parktiziert, dass Sprechen=Integrieren. Sprechen=DeutscheGrammatikKompetenz. Sprechen=Anerkennung. Sprechen=Dazugehören. Zum Brechen... speiben.

Übrigens, GS hat einfach eine eigene Grammatik, diese ist räumlich dimensioniert. Gesprochene bzw. Geschriebene Sprache ist sequentiell, Aufbau folgend hintereinander. Bei der GS sind die Sprachkomponenten räumlich "inkorporiert", also zusammen verschmolzen.
Die beiden Grammatiksystem kann man nicht in eine setzen. Das ist wie Äpfel und Birne. Dran kann man nichts ändern. Ausser du LBGierst (Lautsprache begleitende Gebärden), was aber auf Dauer mühsam ist.

lg deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied



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Das ist ein interessantes Beispiel, Spuren[elemente]

Mein Gehör wurde in meinem Alter von 1,5 Jahren von einer Zecke "zwangs-
beglückt". Bin mit der deutschen Schriftsprache aufgewachsen, d.h. lernte
zuerst Schreiben und Lesen. Erst dann konnte ich langsam verstehen was mit
den Inhalten der Aussprachen auf sich hat.
Die Gebärdensprache lernte ich zuerst rudimentär im Kindergarten kennen,
vor allem von Kindern, denn die Kindergartentanten verzichteten tunlichst
aufs "Fuchteln". Die Gebärdensprache habe ich dann erst in den letzten 10
Jahren voll aufgesaugt. Meine Kenntnisse über der deutschsprachigen
Grammatik sind demnach größer als über die Grammatik der Gebärdensprache.
Aber täglich lerne ich immer wieder dazu, auch über unterschiedliche
Grammatiken zwischen den Gebärdensprachdialekten und sogar auch
Grammatikunterschiede zwischen DGS und ÖGS!

Wenn man "weil" oder "warum" schreibt oder ausspricht, so gibt es meiner
Erfahrung im deutschsprachigen Raum nur diese entsprechende Gebärden:
"Grund" oder "warum".

Für mich scheint es logisch und nachvollziehbar zu sein: man könnte die
Gebärde "Grund" wortwörtlich übersetzen in "Aus dem Grund [statt weil],
dass ich so lange gearbeitet habe, bin ich jetzt müde".

oder

"Aufgrund dessen dass ich so lange gearbeitet habe, bin ich jetzt müde".

Liest sich zwar komplizierter, vielleicht wird dir da jetzt etwas klarer?

Synonym: "aufgrund dessen"
somit, deshalb, aus diesem Grund, daher, darum, demnach, weil, da, denn
Quelle: http://www.wie-sagt-man-noch.de/synonym ... essen.html

Das sind auch Gründe, warum ich genauso wie dein Mann gebärden würde.


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



Zuletzt geändert von Lukbo am 12.10.2006, 11:18:26, insgesamt 1-mal geändert.

Neuling



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... das geht jetzt fast schon ein bißchen weit für das urprüngliche Thema. Trotzdem:

@Spuren:

Wie wäre es mit "Viel Arbeit, darum ich müde"?

Davon abgesehen: Du kannst die Grammatik einer anderen Sprache niemals übertragen. Was mir bei Dir fehlt: Du trennst DGS und deutsch so gut wie gar nicht. Dabei sind das zwei komplett verschiedene Sprachen. Also absolut verschieden. Du hast ja selbst schon festgestellt: Dein Mann gebärdet kein "weil". Der Sinn, der hinter "Grund" steckt, ist aber genau derselbe: Die Gebärde "Grund" verrät Dir, daß ein Grund folgt. Das Wort "weil" verrät Dir, daß der Sprecher einen Grund angeben möchte.

Zurück zur Grammatik: Wo ist der Unterschied in DGS zwischen
- der Mann
- des Mannes
- dem Mann
- den Mann?

Ich frage das, weil Du im deutscher Lautsprache ja sagen kannst:

Ich mag den Mann.
Den Mann mag ich.

Beides bedeutet dasselbe. Beides ist möglich. Wenn Du die Grammatik übernehmen willst, mußt Du also auch in DGS zwischen "Täter" und "Opfer" unterscheiden können. Das geht aber nur über die verschiedenen Fälle...

Wenn Du weiter die Grammatik gleichsetzen willst, wirfst Du einen riesengroßen Vorteil der DGS weg: Du kannst die Gebärden im Raum ausführen und so mehr Information "rüberbringen". Außerdem ist DGS wesentlich bildhafter als deutsch. All das könntest Du bei gleicher Grammatik aber nicht mehr haben.

Betrachte DGS erstmal als eine weitere Fremdsprache. Ok, die Bedeutungen der Mundbilder sind weitestgehend gleich, aber das war's dann auch schon.

Schöne Grüße

Idl



Spitzenmitglied
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@Spuren,
es gibt genügende GL die versuchen die Satzbau aus dem Deutschen
in GS zu übernehmen, das ist katastrophaler. [argh] und das wirkt
sich enorm auf die Schriftsprache aus, :(

Ich würde eher 2-sprach-System in GL-Schulen befürworten.
Also GS und Deutsch. (Sowie man Deutsch und Englisch trennt)


****~cat



Neuling



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@deafmax

hhmm... das mit der Selbstständigkeit ist soeine Sache. Bezogen auf die Grammatik ist es so, dass mein Mann oft z.B. den Inhalt der Briefe von Behörden nicht richtig versteht. Ich muss solche Sachen immer für ihn erledigen!
Versteh es nicht falsch, ich mach es gerne für ihn, aber es wär doch auch schöner (und vor allem sicherer) für ihn, wenn er in der Lage wäre es auch selbst zu verstehen. Auch Briefe die an Behörden gehen sollen (o.ä.) muss ich schreiben, da er ja nicht in der gs-grammatik schreiben kann.

deswegen fänd ich es sinnvoller, wenn man das von anfang an einheitlicher gemacht hätte.

versteh mich auch nicht falsch... ich will die gs nicht "beleidigen" oder sowas, es ist sicherlich eine eigene Sprache, aber da beides Deutsch ist und sich GL mit HD unterhalten müssen und umgekehrt, wär es für beide Seiten einfacher gewesen!

Dein Beispiel mit dem aufschreiben, wenn man etwas versteht ist in dem Zusammenhang mit meinem Mann auch so eine sache. denn du verstehst zum Beispiel alles was ich hier zum beispiel schreibe. Mein mann hätte an einigen Stellen sicherlich wieder Probleme, wegen dem Satzbau, wegen Wörtern die er nicht kennt (zumindest nicht im HD Deutsch) und ähnlichen Faktoren.

Und ich kann mir irgendwie auch vorstellen, dass es mehreren so geht...

Sprechen integriert... ja, das seh ich aber auch so... gebärden integriert doch auch! wenn ich z.b. in eine Gruppe von GLs komme und nicht gebärden kann, wird es schwerer für mich, mich in die Gruppe zu integrieren. nicht unmöglich, aber viel schwerer.

ob das wie apfel und birne ist... für mich sicherlich zu schwer nachvollziehbar... wenn ich gebärde, dann mit HD-grammatik... für mich ist es einfach... für dich ist sicherlich die andere seite einfacher, weil du es nicht anders kennst. könnte ich jetzt plötzlich nichts mehr hören, dann würde ich wahrscheinlich trotzdem weiter die HD-grammatik benutzen, weils einfach schon angelernt ist!

hhmm... du hast sicher recht! Wenn ich so drüber nachdenke ist es auch schwer für einen gl im NACHHINEIN die hd-grammatik zu lernen! Wenn man nicht hört wie die anderen immer sprechen (also nicht mit der grammatik konfrontiert wird jeden tag) dann ist es sehr schwer. aber wenn du sie von anfang an NUR SO gelernt hättest... schwer zu sagen

_____________________________________

@Lukbo

wow.... so wie du das jetzt geschrieben hast ist es plötzlich so einleuchtend für mich, dass ich garnicht mehr verstehe wie ich es nicht verstehen konnte :D
SUPER!!!!!



Spitzenmitglied



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Aloha Spuren,

danke. Dein Nickname ist vielleicht auch ein Grund warum viele Spuren selten
auf eine richtige Spur führen... :D


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



Neuling



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@Limette

das wär natürlich die perfekte lösung!!!!


@Idl

hhmm... klingt alles logisch was du sagst, aber ich finde meine Sicht auch logisch... obwohl das kaum zu vereinbaren ist :D
Bei mir klappt es halt immer, wenn ich mit HD-grammatik gebärde.
nu ja, ich möchte jetzt auch kein grosses thema draus machen... ich fand es nur komisch, weil es wie gesagt bei mir eigentlich geht. wollte nur mal wissen was dahintersteckt :)



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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@spuren
Zitat:
hhmm... das mit der Selbstständigkeit ist soeine Sache. Bezogen auf die Grammatik ist es so, dass mein Mann oft z.B. den Inhalt der Briefe von Behörden nicht richtig versteht. Ich muss solche Sachen immer für ihn erledigen!

Das ist der Lauf der Dinge (="So hats sich ergeben"). Dank der glamourösen, klaren, und auch noch überzeugenden Pädagogik, ...kurz gesagt, scheisse Bildung, das dazu noch immer andauernd und sich fortsetzt. Dein Mann und viele Gehörlosen können dafür wenig. Auch wenn sie so sehr für ihre Rechte kämpfen werden sie als nichts gesehen. "Ach was will diese 'marginale Randgruppe' (=fast unbekannten) schon wieder".
Entweder reissen sich die Gehörlosen zusammen und geben sich Mühe die Deutsche Grammatik zu erlernen oder sie tuns nicht. Aber besser wird die Sache NIEMALS dadurch wenn man der GS die deutsche Grammatik anhängt.

Nimms nicht zu persönlich, ich finde die Sache mit der schlechten Grammatikkompetenz wirklich schade. Aber man soll nicht aufgeben. Und das Problem liegt nicht in der GS sondern in der Akzeptanz. GS wird immer noch nicht als selbstverständlich gesehen. Wenn der letzte Festung Pädagogik endlich zur Einsicht gelangt, dass Bildung mit "auch GS" möglich ist, dann gehts bergauf.

@Luk
was ist rudimentär? :D

deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied



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Aloha deafmax,

ich weiß schon, man soll sich da kuschen, wenn niemand versteht...


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



Neuling



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@max

da muss ich dir recht geben, dass es an der bildung liegt. ich finde das echt traurig, dass sich da keiner drum kümmert...


Zitat:
Dein Mann und viele Gehörlosen können dafür wenig.


oh gott... nicht, dass du meinst, dass ich ihm einen vorwurf mache! ich weiss selbst, dass er nicht dran schuld ist!!!! bloß nicht falsch verstehen!



Zitat:
Entweder reissen sich die Gehörlosen zusammen und geben sich Mühe die Deutsche Grammatik zu erlernen oder sie tuns nicht. Aber besser wird die Sache NIEMALS dadurch wenn man der GS die deutsche Grammatik anhängt.


ich glaube du hast mich etwas falsch verstanden! ich will nicht, dass die gs-grammatik abgeschafft wird oder sowas.. ich habe mich nur gefragt wieso das nicht von anfang an nicht einheitlich gemacht worden ist, da es dann einfacher wäre (auch mit der bildungssache die du vorher angesprochen hast). man könnte es ja auch andersrum sagen... man hätte ja auch die gs-grammatik übernehmen können... egal wie rum, mir geht es nur darum, dass es einheitlich oft besser ist...

und zu dem "entweder sie erlernen es oder nicht"... das kann man sehen wie man will! ich musste immerhin auch englisch lernen, da es die weltsprache ist... damit kann ich mich an den meisten orten der welt halt mitteilen... wers kann hat eben vorteile (weil er mit jedem überall kommunizieren kann) und wer kein englisch kann wird im ausland oft probleme haben...



Zitat:
Nimms nicht zu persönlich, ich finde die Sache mit der schlechten Grammatikkompetenz wirklich schade. Aber man soll nicht aufgeben. Und das Problem liegt nicht in der GS sondern in der Akzeptanz.


ich nehm nicht persönlich. ich akzeptiere deine meinung und lese sie auch gerne... ich möchte die ganzen dinge über die ich mir so gedanken mache nämlich auch mal aus der "anderen" sicht hören... das ist sehr wichtig...
ja, die akzeptanz... ich denke bei vielen menschen liegt es einfach daran, dass sie zu uninformiert sind! bevor ich meinen mann kennengelernt habe wusste ich über das thema ja auch nichts... und etwas was man nicht weiss, darüber macht man sich eben keine gedanken... ist zwar traurig, wird aber nicht zu ändern sein. das einzige was man tun kann ist sich mehr zu bemühen den anderen leuten mal einen einblick in eure kultur zu geben! das dürfe schwer werden, aber man kann es ja versuchen!




Zitat:
GS wird immer noch nicht als selbstverständlich gesehen.


ich glaube das liegt aber wieder daran, weil die menschen nicht informiert werden! selbstverständlich ist so ne sache... ich habe mir wie gesagt früher auch keine gedanken drum gemacht, weil niemand kam und mich dazu anregte mal darüber nachzudenken... da muss man mit aufklärung beginnen denke ich



Spitzenmitglied



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@Spuren,
alle GSen sind natuerliche Sprachen! Sie entwickeln sich unabhaengig von den Lautsprachen des Umfeldes. GS kann nicht von Anfang an "einheitlich" an die Grammatik der umgebenden Lautsprache angepasst werden. Das wird in der fast 250-jaehrigen Geschichte der Paedagogik mit tauben Kindern versucht und alle Versuche brachten nicht fertig, aus der GS eine manuelle Form der LS zu machen. Fast jedes Land hat eine gebaerdete LS, wie gebaerdetes Englisch, gebaerdetes Franzoesisch, gebaerdetes Deutsch usw. mit Vokabeln aus der Landes-GS im Satzbau der LS. Das ist was du mit "Gebaerden in der HD-Grammatik" meinst. Das gebaerdete Deutsch ist immer eine Annaeherung von Deutsch, also nie 100% gleich der deutschen Sprache.

Keine einwandfreie Paedagoggik hat sich entwickelt, in der Deutsch erfolgreich der Mehrheit tauber und schwerhoerigen Kindern vermittelt werden kann. Was Limette oben beschreibt, ist eine bilinguale Methode, die erfolgversprechender ist. Taube Menschen lernen zwei Sprachen zu beherrschen, statt nur eine Bogus-LS, sei es muendlich, schriftlich und/oder gebaerdlich.

Und nun apropos 'weil':, die Gebaerde GRUND kann nicht am Anfang eines Satzes gebracht werden. Darin hast du schon ein gutes Sprachgefuehl angezeigt, dass die Gebaerde GRUND (und die schriftliche Niedergabe im SMS deines Mannes) nicht vollkommen mit dem Wort 'weil' deckt. In GS kann die Begruendung vorangehen (ohne Gebaerde GRUND) und dann eine Gebaerde ERGO/ALSO oder non-manuell durch Gesichtsmimik, dann was danach als Resultat folgt. Z.B.

DGS: ICH HEUTE UNUNTERBROCHEN-ARBEITEN, ERGO SEHR-MUEDE.

Uebersetzt auf Deutsch: "Ich habe heute schwer/ununterbrochen gearbeitet, deshalb/ergo bin ich sehr muede." Praktisch gleicht dieser DGS-Satz gleich deinem Satz "Weil ich heute lange gearbeitet habe, bin ich sehr muede."

In DGS, wie auch in ASL (in der ich mich besser auskenne), werden oft verschiedene Geschehen chronologisch (= zeitgemaess) gebaerdet: Zuerst das Geschehen, das zuerst vorkommt, dann das naechstfolgende usw. Wenn zwei Geschehen aber nicht zeitgemass gebaerdet wird, dann muss eine Konjunktion, wie 'weil'/GRUND, dazwischen kommen, um die Natur des drauffolgenden Satzes anzuzeigen.


Hartmut



Zuletzt geändert von Hartmut am 29.10.2006, 00:46:17, insgesamt 1-mal geändert.

Neuling



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Hallo Hartmut

vielen Dank für die Erklärung. Ich hoffe je mehr ich mich damit beschäftige, umso besser lerne ich es. Manchmal ist es schon schwer... vor allem weil mein Mann und ich uns auch meist ohne diese ganzen Regeln verstehen. Da lässt man das ganze schon mal gerne schweifen. Ich denke mein Mann und ich müssen beide was machen. Er muss meine Grammatik besser lernen und ich seine... damit wird es uns beiden sicherlich besser gehen ;)



Spitzenmitglied



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@Spuren,
es ist sehr schwierig, wenn ein tauber Erwachsener die Deutsch-Grammatik von neuem lernt. Viel schwieriger als ein Hoerender die DGS-Grammatik. Es gibt zu viel zu merken bzw. auswendig zu lernen. Vieles in Deutsch-Grammatik scheinen belanglos zu sein, was das Merken sehr erschwert, z.B. das der, die, das', Kasusbestimmung (ob dritter oder vierter Fall?), ob 'sich' und 'es' zu benutzen ist oder nicht, usw. usw.

Aber etwas kann doch gemacht werden. Neues Vokabular kann gelernt werden. Das Verstehen der Schriftstuecke kann gesteigert werden durch Erklaerungen in GS. Du kannst einen Zeitungsartikel mit deinem Mann zusammenlesen und etwas darueber plaudern und dabei etwaige Falschverstandenes richtigstellen. Bestimmte Saetze, das er im Verkehr mit Chef, Arbeitskollegen, beim Einkaufen usw. braucht, koennen vorher einstudiert werden und geuebt werden. Du kannst ab und zu mit ihm Alltagsgespraeche hin- und herschreiben. Dabei lernt er, wie man sich in Deutsch Alltagsgespraeche oder Fragen nach Auskunft (Fahrkarte, Zugauskunft, im Reisebuero, beim Doktor) ausdrueckt. So kann er dann auch aehnliche Gesprache mit anderen Leuten, im Wirtshaus z.B., fuehren, statt alles oral zu machen, da das Lippenlesen kein vollkommenes Deutsch liefert.

Natuerlich kannst du das nicht jeden Tag machen und dein Mann muss auch das wollen.


Hartmut



Neuling



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Zitat:
Aber etwas kann doch gemacht werden. Neues Vokabular kann gelernt werden. Das Verstehen der Schriftstuecke kann gesteigert werden durch Erklaerungen in GS. Du kannst einen Zeitungsartikel mit deinem Mann zusammenlesen und etwas darueber plaudern und dabei etwaige Falschverstandenes richtigstellen. Bestimmte Saetze, das er im Verkehr mit Chef, Arbeitskollegen, beim Einkaufen usw. braucht, koennen vorher einstudiert werden und geuebt werden. Du kannst ab und zu mit ihm Alltagsgespraeche hin- und herschreiben. Dabei lernt er, wie man sich in Deutsch Alltagsgespraeche oder Fragen nach Auskunft (Fahrkarte, Zugauskunft, im Reisebuero, beim Doktor) ausdrueckt. So kann er dann auch aehnliche Gesprache mit anderen Leuten, im Wirtshaus z.B., fuehren, statt alles oral zu machen, da das Lippenlesen kein vollkommenes Deutsch liefert.


ja, unterschiedliche wörter und so versuche ich ihm schon beizubringen! oft ist es bei ihm auch so, dass er nur die gebärde kann und nicht das wort dazu... aber manchmal versteht er alle wörter aber nicht im zusammenhang. ist schon schwer bei einigen situationen...



Neuling



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Interessantes Thema. Vor allem für mich.
Ich selbst bin hörend und mache gerade meine Ausbildung zum Gebärdensprachdolmetscher. So komme ich an Grammatik, Linguistik usw natürlich nicht vorbei.
Eine der tollen Dozentinnen aus Hamburg hatte ein gutes Beispiel:
Ein Hörender würde sagen: Der Vogel sitzt in einem Nest auf dem Baum.
Ein Gehörloser würde das Bild beschreiben und sagen: Auf einem Baum in einem Nest sitzt ein Vogel. Also schon eine ganz andere Herangehensweise.
So gesehen zäumen die Hörenden das Pferd von hinten auf.
Merkwürdig. Aber allein Kultur und Sprachmittel haben schon Einfluss auf die Sprache. Ein sehr komplexes Thema, aber ich finde es schön zu sehen, dass auch Gehörlose sich damit auseinandersetzen, obwohl es für euch ja selbstverständlich ist.



Spitzenmitglied



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@crystal,
dein obiger Beispielsatz von dem Vogel im Baum illustriert verschiedenartige Prespektiven. Fuer jemanden, der visuell orientiert ist, wuerde zuerst das gesamte Bild oder den Grund (Baum) sehen und das sprachlich angeben. Dann kommen naehere Einzelheiten bis zur Figur (Vogel). Also Baum => Nest => Vogel. Der Vogel wird dann Topik und Subjekt des drauffolgenden Satzes. Gluecklicherweise erlaubt DGS oder irgendeine GS eine freiere Wortstellung, sodass das Subjekt am Ende des Satzes sein kann. Ausserdem wird die Lokation des Nests auf dem Baum im DGS-Satz zugleich naeher angegeben (oben, unten, rechts, links, oder inmitten des Baumes), was oft nicht auf Deutsch uebersetzt wird.

In Lautsprachen denkt man oft zuerst an Subjekt, was oft auch Topik oder Figur ist, und geht auf die naehere Umgebung zum Grund. Also Vogel => Nest => Baum. Daher steht der Satzsubjekt haeufiger in Lautsprachen vor dem Objekt.


Hartmut




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