GL-C@FE.de

Virtuelles Kommunikationsforum für Gebärdensprachnutzer
Aktuelle Zeit: 28.03.2024, 11:32:28





 Was versteht man genau unter "Gehörlosenkultur"?


Neuling



offline
Hallo!
Ich bin ganz neu hier und neugierig. Ich habe gerade meinen 1. DGS Kurs gemacht, der ganz toll war! Im September startet mein 2. DGS Kurs. Jetzt lese ich viel über DGS. Immer wieder wird in verschiedenen Foren gesagt, dass man nicht nur die DGS lernen sollte, sondern sich auch intensiv mit der Gehörlosenkultur beschäftigen sollte. OK! Ich bin bereit!

Was macht die Gehörlosenkultur genau aus????
Ich würde mich sehr über Infos darüber freuen!!!

Viele Grüße
orinoko



Moderator & Einstein & "Tante Emma"´09
Moderator & Einstein & "Tante Emma"´09
Benutzeravatar
offline
Hi, Oriniko!
Erst einmal willkommen hier im Forum.
Ich denke mal, was Kultur an sich ist, brauche ich sicher nicht zu erklären. Und dass es in allen Ländern, bei allen Völkern eigene, unterschiedliche Kulturen gibt, ist sicher auch jedem klar.

Die Gehörlosenkultur läßt sich schlecht mit einem einzigen Satz erklären. Am besten kann man es sich in speziellen Seiten darüber nachlesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Geh%C3%B6rlosenkultur
http://www.gehoerlosen-bund.de/navigati ... kultur.htm

Und das überwiegend meiste von dem, was du hier in der Rubrik "Visuelles Leben" siehst und liest, ist ein Teil der Gehörlosenkultur. Die hörende Welt ist für uns voller Barrieren, so daß wir an vielen kulturellen Dingen, wie Theater, Veranstaltungen etc. nicht teilhaben können. Also veranstalten wir eigene Events, die auf uns zugeschnitten sind. Dies nur als ein Beispiel.

Scheu dich aber nicht, trotzdem weiter zu fragen, wenn du magst.


Dass mir der Hund das Liebste sei,
sagst du, o Mensch, sei Sünde?
Der Hund blieb mir im Sturme treu,
der Mensch nicht mal im Winde.



Mitglied
Benutzeravatar
offline
Sehr gute Beispiel: Witze!

Es gibt die Witze, die sich nur ausgesprochen witzig anhören, und die Hörende lachen darüber, während die Gehörlosen die Schulter zucken, wenn sie solche Witze lesen.

Es gibt Witze, die visuell (also Gebärden) so lustig / witzig aussehen lassen, und die GL lachen darüber, die Hörende eben nicht.


Im Moment pennen 26 Mill. Leute, 28 Mill. essen, 13 Mill. verlieben sich und 29 Mill. sexeln! Aber nur 1 arme Sau liest vor Langeweile diese Message!



Neuling



offline
Ja, richtig! Die Witze! Mein Gebärdensprachlehrer hat uns im DGS 1 Kurs Witze aus der Gehörlosenwelt erzählt. Wow, die waren nicht nur lustig, sondern teilweise auch richtig "gemein"! Er hat uns auch ein Gedicht gebärdet, was uns alle sehr beeindruckt hat. Das war in der 3. oder 4. Kurs-Stunde und wir konnten das Gedicht trotzdem schon ganz gut verstehen.
Ich habe die Artikel bei wikipedia zum Thema Gehörlosenkultur gelesen. Das kannte ich alles schon. Ich habe das jetzt so verstanden:
Die Gehörlosenkultur deckt alle Bereiche des Lebens ab, die sich eben mit "Kultur" befassen. DGS ist dabei sehr wichtig, weil sie viele Sachen erst ermöglicht (Theater, Poesie, Unterhaltungen).
Ich weiß jetzt nur nicht, ob die Gehörlosen IHRE Kultur lieber für sich alleine haben möchten oder sie mit Hörenden teilen möchten?
Dazu möchte ich noch sagen, dass ich DGS wie jede andere Sprache auch aus dem Grund lerne, um mich mit mehr Menschen verständigen zu können.

Zum Schluss habe ich noch eine Frage zur Literatur:

Hat jemand die Bücher "Freak City" und "Duchs wilde Gehörlosistan" gelesen?
Sind die Bücher zu empfehlen?
Wer kennt die Zeitschrift "Life insight" und kann mir etwas darüber berichten?

Viele Grüße und vielen Dank für's Antworten!!!
orinoko



Spitzenmitglied



offline
Erzaehlungen von tauben Personen aus ihrem Leben oder was sie von anderen gehoert haben, koennen Einsichte in die Taubseinskultur (ich empfehle, diesen Fachausdruck zu verwenden, denn die Kultur geht nicht um Taubheit, sondern ums Taubsein) einbringen. Im damaliger Zeitschrift "Selbstbewusst Werden" habe ich einige Erzaehlungen veroeffentlicht.

Teil der Kultur ist auch das Bewusstsein, dass taub zu sein keine Krankheit sei, anders als in der herrschenden Landeskultur, dass viele taube Eltern froh sind, taube Kinder zu bekommen. Auch ist der Glaube vorherrschend, dass taube Menschen ein unabdingbarer Bestandteil der Menschheit sei (von der Natur, von Gott geschaffen, wie geschrieben in Exodus (2.Buch Moses) 4:10, Menschheit bestehend nur aus Hoerenden wuerde oede sein).


Hartmut



Spitzenmitglied



offline
Hartmut hat geschrieben:
Auch ist der Glaube vorherrschend, dass taube Menschen ein unabdingbarer Bestandteil
der Menschheit sei (von der Natur, von Gott geschaffen,
wie geschrieben in Exodus (2.Buch Moses) 4:10, Menschheit bestehend nur aus Hoerenden wuerde oede sein).


Bei solchem Taubseins-Glauben bin ich Ungläubiger!

Amen!



Spitzenmitglied



offline
Zitat:
Hat jemand die Bücher "Freak City" und "Duchs wilde Gehörlosistan" gelesen?
Sind die Bücher zu empfehlen?
Wer kennt die Zeitschrift "Life insight" und kann mir etwas darüber berichten?


Hallo,

"Freak City" habe ich gelesen und ist der Buch zu empfehlen..
Sehr interessante Buch.
Die Zeitschrift "Life insight" wird über Gehörlosen berichtet, was sie so machen.
Zum Beispiel: Party in München, dann kommen die Life InSight und berichten darüber!
Pro Monat bekommt man ein Zeitschrift für ein Monat Bericht!


Leben und leben lassen



Rote Karte!
Rote Karte!



offline
Hartmut hat geschrieben:
Auch ist der Glaube vorherrschend,
dass taube Menschen ein unabdingbarer Bestandteil
der Menschheit sei (von der Natur, von Gott geschaffen,
wie geschrieben in Exodus (2.Buch Moses) 4:10,
Menschheit bestehend nur aus Hoerenden wuerde oede sein).


Glauben = von Wahrheit / von Lebenswirklichkeit nicht wissen wollen.

Taube Menschen ein unabdingbarer Bestandteil ((lt. Hartmut))
der Menschheit sei (von der Natur, von Gott geschaffen)
viel zu schön im tauben Glauben,
- doch es ist ganz anders -
- der Mehrheitsglauben verlangt:
damit hörende Menschen mit den tauben Menschen
viel mit allen Reparaturmitteln (hörend-passend machen) und
viel mit Defizitbeseitigungsmittel (Bildung) beschäftigen müssen.

Und Gott hat für Hartmut eine hörende(!) Ehefrau und Dolmi eingerichtet,
damit er in USA keine Lebens-Schwierigkeiten tragen muss.
Und es war wohl eine satanische Planungseinmischung, sein Knabe ist nicht taub.

--
Blühende Taubseinslandschaften bleiben herrlich schöne Träume.

Wie sieht's denn in real aus?

Das Taubseinsleben / Gehörlosenleben ist genau wie das rauschende oder öde Hörendseinsleben .

Die Taubseinskultur / Gehörlosenkultur ist genau wie die rauschende oder öde Hörendseinskultur.

Der einzig große Hauptunterschied ist, die Taubseinsmenschen / Gehörlosen
kommunizieren untereinander anders (mit Zeichen-Körpersprache wie Gebärdensprache / Gehörlosensprache).

Nur die Schriftsprache ist die Brücke zwischen tb Menschen / Gl und hd M. !
--



Mitglied



offline
@ orinoko
"Freak City" ist ein gutgeschriebenes Jugendbuch. Nur an einer Stelle habe ich gemerkt, dass es eine hörende Autorin geschrieben hat: Als die gehörlose Lea ohne nach links und rechts zu schauen über die Straße ging - und fast von einem LKW überfahren wurde.
Naja, vielleicht war diese Episode ja ganz witzig und notwendig für den weiteren Fortgang der Geschichte.
Ich wünsche dir in jedem Fall noch ganz viel Motivation, die Gehörlosenkultur kennenzulernen - und lass dich vor allem nicht abschrecken durch ermüdende Diskussionen hier im Forum. Vielleicht könnt ihr mit eurem Kurs mal eine Veranstaltung besuchen - ein Kofo oder eine Theateraufführung, Musik gibts auch :-)



Mitglied



offline
Hallo orinoko :-)

es ist auch empfehlenswert ein Buch zu haben.
Stumme Stimmen - Reise in die Welt der Gehörlosen, Oliver Sacks.

Für die Hörenden sind ein Art wie Abtauchen in den tauben Welt, kann man danach besser verstehen,
wie wir Tauben wirklich leben.

Speed



Rote Karte!
Rote Karte!



offline
"Gehörlosenkultur"?
Zitat:
Auf zu mehr Gehörlosenkultur und Gebärdensprachkutur!

http://www.taubenschlag.de/cms_pics/BV% ... 13-neu.pdf
GL-Kultur - das ist hauptsächlich GL-Theater / GL-Verein / GL-Fussball - die GL kommen zusammen
um Unterhaltung, Freude und Spass zu haben.

Mehr Gehörlosenkultur geht nicht.
Immer das gewohnt "Gleiche" all die Jahre.
Viele GL sind reichlich beglückt worden und gut gesättigt.

Gebärdensprachkultur geht nicht?
Die Gehörlosengebärdensprache ist die natürliche und gemischte (mit Mundbild)
Plauderform der GL - ein Mittel zur Verständugung untereinander, mehr nicht.
Die Video-gezeigten-GL-Gebärden sind alle so verschieden und so eigen,
und das ist keine Gebärdensprachkultur.

Mehr GL-Kultur, woher die mehr Zeit nehmen?
___



Neuling



offline
Ich habe mir die Frankendeafshow angeschaut (Einer flog über das Kuckucksnest) Das ist echt toll gemacht und auch für Hörende so aufbereitet, dass man alles versteht. Als Einstieg nicht schlecht. Die Show ist momentan auf Deutschlandtournee. Link ist hier im Forum zu finden.


Mein Kind kann Alles, nur mit dem Hören hat es Probleme




 Was versteht man genau unter "Gehörlosenkultur"?





Suche nach:
Gehe zu:  




Kontakt: info(at)gl-cafe.de

Powered by phpBB © 2000, 2002, 2005, 2007 phpBB Group
Deutsche Übersetzung durch phpBB.de