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Aktuelle Zeit: 07.05.2024, 03:08:26





 Audismus-Fallbeschreibungen/Erfahrungen/Lösungen


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Spitzenmitglied
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Bei der KUGG-Tagung in Wiesbaden haben wir in Arbeitsgruppen
mehrere Fälle besprochen, und den einzelnen Fall aufgesplittert:

Ist es Audismus oder ist die Situation audistisch?
Wenn ja, welche Argumente sprechen dafür?
Wenn nein, welche Argumente dagegen?
Welche Lösung gibts dafür?

In meiner Gruppe (10 Leute) haben wir folgenden Fall besprochen:

2 Gehörlose haben Hunger und wollen was bei Mc Donalds bestellen.
Eine GL kann nicht sprechen, die andere ja.

Diejenige GL, die nicht sprechen kann, wollte einen Hamburger
bestellen und der Kellner hat ihn sprachlich nicht verstanden.
Die andere GL wiederholt, ohne die betroffene GL vorher zu fragen,
was bestellt werden sollte.

Ganz interessant war das Ergebnis:

7 Leute waren der Meinung, dass es Audismus war und 3 Leute
nicht.
Aus meiner Sicht ist es Audismus, weil diejenige GL, die für die
andere gesprochen hat, sich eingemischt hat und sich fühlt, dass sie
besser kann als die andere. Ich hoffe, ihr könnt nachvollziehen,
was ich damit meine. :D [wink]

Was denkt ihr darüber? Ist es Audismus?

Ihr könnt auch gern andere Fälle hier posten und darüber
diskutieren.



Spitzenmitglied
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Angenommen, die GL würde vorher fragen, ob sie
Hilfe anbieten könnte.. dann wäre es in meinen Augen
auch kein Audismus!



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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Zu dem Fall möchte ich auf etwas konzentrieren:
Da der Kellner das Reden der Taube Gast nicht verstanben wurde, hat dessen taube Freund/in versucht zu unterstützen. Die Frage besteht nicht zwischen die beiden taube Gäste, sondern vielmehr um das Sprechen:
Sie haben nicht die Möglichkeit zu gebärden oder vielleicht auch nicht zu schreiben (Kein Schreibzeug verfügbar).
Das ist ähnlich wie wenn man vor einem McDonald-DriveIn mit Sprechanlage steht. Somit wäre die Situation eigentlich audistisch :D

Aber dass der eine sich "eingemischt" hat ist wohl nur eine Akt der Unhöflichkeit. Jedoch auch könnte es durchaus Soldarität sein, die taube Personen tolerieren könen, weil Sprechen "nicht ihr Ding" ist :)

lg deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied
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Besteht die Frage auch, wie weit die Selbständigkeit
von GL ist? [ops]



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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@taubeziege11 ;)
meiner Meinung nach nicht unter die beiden Sprechversuchenden selbst, weil die beiden können nichts dafür, dass sie nicht dran dachten, z.B. zu schreiben oder schreibzeug verlangt hat. Meistens wird man damit aufwachsen zu sprechen,sprechen,sprechen - Also Audismus bestand beim Aufwachsen, der Druck zu sprechen, der Druck hörend zu sein.
Aber nicht zwischen die, die beiden taube Gäste.

lg taubenmax [british]


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Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied
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@ taubenmax :D:

STOP, die Tauben sind damit aufgewachsen, nach Papier zu
verlangen.. wenn die Kommunikation hapert. Nicht daran
gedacht? [roll]

Spam on:
Müssen wir unsere Nicknamen ändern? :D
Spam off:



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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@deafziege11 ;) (nö, deaf... is eh ok),
nö, in dem Fall geht es mir vielmehr um die Barriere zwischen taube Gäste und dem Kellner. Nicht um das "Einmischen" zwischen die beiden taube Gästen.

Da müsste Hartmut genauer erläutern: Gilt die Frage ob Audismus zwischen taube Gäste und dem Kellner, oder zwischen die beiden taube Gäste? Bei erstere für mich JA, bei zweitere (direkt) nein, aber mit Ursachenforschung warum sie das machen war auf sie Audismus ausgeübt.

Zu den Definition "Audismus" gehört auch das Hören höher zu bewerten und der Kellner kann hören, also muss man zu ihnen sprechen, und das wäre der Definition nach Audismus. Ebenso eigentlich sind die taube Gäste zu sich selber audistisch, weil sie sprechen, statt Schreibzeug zu verlangen oder weil sie nicht gebärden.

Gestern hat mir beim Bummeln der Reaktion meines Freundes so gut gefallen: Wir waren bei einer italienischen Beisl, bei der erste Bestellung haben wir alle nur auf die Karte gezeigt was wir wollen. Bei der zweite Bestellung bestellte ich unbewusst Kaffe, aber da plapperte ich. Dabei dachte ich, "mist, erwischt!" doch gleich darauf tat mein Freund dasselbe, er plapperte auch. "Ätsch, du redest!" Darauf haben wir nicht mitbekommen ob seine Frau auch ihr Kaffee redend bestellt hat. Darauf fragte der Freund seiner Frau "Wie hast du Kaffe bestellt? - Fingeriert?" - Diese Reaktion gefiel mir so gut, weil es eigentlich unüblich wäre dem Kellner zu fingerieren, wenn man Kaffee bestellen will. Die meisten taube Personen wären in dem Zusammenhang nicht auf die Fingerieren gekommen :)

lg deafmax


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Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied



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deafmax hat geschrieben:
Aber dass der eine sich "eingemischt" hat ist wohl nur eine Akt der Unhöflichkeit. Jedoch auch könnte es durchaus Soldarität sein, die taube Personen tolerieren könen, weil Sprechen "nicht ihr Ding" ist.


Genau so sehe ich das auch!

Es kommt ganz darauf an, wie gut die beiden Personen miteinander bekannt sind.

Bei loser Bekanntschaft wäre es unhöflich, sich ungefragt einzumischen.

Anderseits kann der besser sprechende GL es ganz einfach als Hilfsbereitschaft aufgefasst haben, die er ungefragt angeboten hat.

Auch unter Hörenden kommt es nur zu oft vor, dass sich Leute ungefragt einmischen.
Das sind dann nervende Besserwisser!

Millionen Kinder und Teens erleben es täglich, dass sie ungefragt von Erwachsenen übergangen und bevormundet werden.

Und wie geht IHR selbst mit eurem Partner um?
Wird da vorher immer alles abgesprochen,
ist dabei immer alles 50:50 Meinung und Entscheidung?

Dominiert da nicht der eine ander andere stärker?


Welcher ~ismus ist das dann??


Pyros



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@deafziege11 hat folgendes geschrieben
STOP, die Tauben sind damit aufgewachsen, nach Papier zu
verlangen.. wenn die Kommunikation hapert. Nicht daran
gedacht?


Ehrlich gesagt, wie habt Ihr in der Schule gelernt und es hängt davon ab, nicht alle sind nach dem verlangende Papier befragt oder gemacht worden. Das beste Beispiel vom CI!! Die haben auch Papiere benutz und können auch sprechen. Also vorsicht mit dieser Aussage. Es gibt CI Leuten wie wir das gleichen PLM haben.
Ich lernte in der Schule LBG uns auch Lautsprache beim sprechen, was passiert es? Ausweis weg. Nur wegen sprechen verbessert sich und verringert GDB %, ist das sinnvoll? Gegenüber CI?? Da ist was faul. Also was zählt es um diesen kommunikation, die Schule bemühen sich über uns fürs Sprechen beizubringen, daran ist eine Mangel des Erziehungszeit in der Schule. Meine GL Klasse kann sehr gut sprechen, obwohl der taub ist, durch die GL Schule hat er gelernt. Es ist nichts depressiv gewesen, es waren Zeiten so. Man soll sich etwas entwickeln, sollen wir alle GL nur stumm sein? Ist das sinnvoll? Die Lautsprache ist total wichtig, auch für GL!! Es hat nichts mit Oralismus zu tun, sonder die eigenen Leben und Führung im verstand zu tun, wie man überhaupt zurecht kommen kann. Das ist selbstständigkeit total wichtig plus Unterstützung anstatt "hilflos" zu sein.



Spitzenmitglied



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Bevor ich die Frage beantworte, möchte ich wissen, was
wirklich AUDISMUS ist?

Ist Audismus gleich Rassismus? [ops] [roll]



Spitzenmitglied



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Papier? Welches Papier? Vom WC im McDonalds?
Viele Taubstummen haben Papieren ausser Personalausweis, Geldscheine etc. NICHT dabei!
Einmal musste ich Bestellung auf GELDSCHEIN schreiben!
Weil ich nur Ku(h)Gel-schreiBär hatte.
An der Autobahnraststätte während Mittagszeit!
Schilder wurden von Frühstückangeboten zur Ma(h)lzeitangeboten gewechselt!
Darum Zeigenfinger-Gestik nicht möglich!

Helfen?
Neee, Helfen zur Selbsthilfe! [british]


BOOOOOOOOORN TOOOOOOOOO SIGN!!!!!!!!



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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@DWK4
Meinst du ernst: Wenn man gut sprechen kann, verringert sich die %GdB? Das zum beispiel ist Audismus! Was hat bitte deine Sprechfähigkeit damit zu tun, dass du integriert in einer "Absoluten" Gesellschaft, nämlich den Hörenden?! Ich kann sprechen, aber habe nicht die Fähigkeit genug, andere sprechend zu verstehen.

@Pyros,
Zitat:
Und wie geht IHR selbst mit eurem Partner um?

Ich habe sogar in Frankfurt gesehen: Ein Mann mit einer Eis in der Hand ging vor und blieb stehen, blickte zurück (in richtung zu mir, was mir verwunderte und ich blickte nach Hinten): Da kam eine Frau mit einem riesigen Gepäck.
(Sch***kerl, der Mann!) Also du kannst schon da denken, um welchen Ismus es da geht.

Bei dem Fall geht es mir nicht ums Einmischen, sondern ums Hören (Kellner) und Sprechen (taube Gäste).
Der Kellner weiss nicht wie er mit GL kommuniziert ("harmlose Audismus", da er nix dafür kann - siehe ähnlich Mann-Frau Beispiel im 1. Posting), dass die GL "sprechen" versucht ist eine Folge von Audismus die sie in der Erziehung erlebt haben. Ihnen wurde nur gesagt: Sprecht soviel wie ihr könnt. Kein Alternative: Nix Zettelschreiben, nix Speisekarte zeigen, nix versuchen nu gebärden, gar fingerieren, usw.

@gummikuh,
es gehört zum "Deafhood" Schreibutensilien (Schrift, Papier/Notizblöckchen) bei sich zu haben. Brillenträger würden auch nicht unzuverlässlich sein, Brillen zu ignorieren. Oder ältere Menschen auf Ihre Stöcke. Schreibutensilien gehört einfach mal bei sich geführt für alle Fälle.
Und was'n Plm mit dem Geldschein? Die gehören zu recht beschmiert, weil sie jedem zu Last fallen :D

@zizou74
http://www.gl-cafe.de/viewtopic.php?t=38940
:)

deafmax


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Ich bin taub, ergo bin ich.



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@deafmax
ja im ernst, mir wurde damals mein Ausweis gestrichen als ich besser sprechen konnte, aber mein Ohr 100% taub war, da haben dieser Versorgungsamt mir 50% und grüne Ausweids gegeben und ich war erst 14 Jahre alt und noch in der GL Schule war ( Schule und Amt waren echt bescheuert), nach 5 Jahre die ich zu einer GL Ausbildung also BBW war, dann bekam ich von einem anderen Versorgungsamt 100% wieder ( das war ein harter Schlag für mich gewesen), weil es mir gesagt wurde und irgendwo nicht stimmte usw.. abstoßend war. Ich frag mich auch warum, warum tut das Amt für verbessertes GL Hör und Sprechsituation 100% auf weniger GDB %?? Begreifen die nicht dass wir ohne Hören alles null verstehen, bei mir war es betroffen. CI haben besser als wir. Das beweis es. Ich finde mit der Lautsprache völlig OK, sollen wir alle stumm und taub zeigen, das ist lächerlich. Im Beruf müssen am meistens gut in Deutsch sein, das hat es bei mir schwer gemacht, dabei ging es um auch Integrationsthemen wie man auch sich selber rumkümmern sollen anstatt hilflos zu stellen. Mehr kämpfen was es nicht stimmt. Ich habe damals mit solchen Themen auch darüber besprochen, nun hat einer Mut gemacht und jetzt sind alle wach geworden, damals ging es nicht, wer sollte es alles tun? Also wir alle sollen mitkämpfen, wofür verweigerten alle damals? Könnt Ihr das mal erklären, ich vergesse nie was damals war.
Wenn keiner mit meiner Sprache beim sprechen verstehen , dann gibt es eine anderer Möglichkeiten, das ist nix so schlimm, heute haben wesentlich viel bessere Förderung und Entwicklungen als früher. Hörenden können auch so gemein über uns sein, das bewies am meistens auch viele Betroffenen. Das muss getan werden um über unseren Taubheit zu an den Hörenden erklären, sonst verlieren wir mit unserer Zeit.



Neuling



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Es klingt nach Audismus-Eigentor. oder die Folgern zur dekolletivierung?



Spitzenmitglied



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deafmax hat geschrieben:

(Sch***kerl, der Mann!) Also du kannst schon da denken, um welchen Ismus es da geht.


hi deafmax,

das ist nach meiner Meinung kein Ismus mehr, sondern pure Faulheit!

Feiner ausgedrückt, Diskriminierung einer Frau.


Pyros



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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@DWK4
ich kann dir nicht ganz folgen ob du taubsein kritisierst oder verdeitigst.
Jedoch schreibst du eher die Hörstatus und Sprechkompetenz an. Ich selbst sehe mir nunmehr als taube Person, mit taube Identität, nicht dass meine Ohren defekt ist. Ich kenne das Hören nicht, mein Lebensweise ist daher entsprechend. Aber es heisst nicht, dass ich nicht sprechen soll (zumindest meine ich es so)
Zitat:
Ich finde mit der Lautsprache völlig OK, sollen wir alle stumm und taub zeigen, das ist lächerlich.
Das ist jedem selbst überlassen. Es soll keine Zwänge ausgeübt werden, was aber das hörende Volk mehr unbewusst (weniger bewusst) machen.
Diese Frage betrifft vielmehr Deafhood/Taubsein als Audismus.

Das gilt auch bei der Fallbeispiel von und zwischen die beiden taube Gäste oben, nur die Kommunikation in dem Fallbeispiel ist eine Situation wo Audismus vorkommt.

@pyros,
Zitat:
Feiner ausgedrückt, Diskriminierung einer Frau.

http://de.wikipedia.org/wiki/Sexismus
Faulheit von Männer die das auf Kosten der Frauen macht ist "sexistisch".
:)

deafmax


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@Frezzy

Ja, alle CI bekommen bessere Förderung als wir, dabei bekommen die CI am meistens 100% GdB ,nur weil die CI haben und Inhalt voll taub begründet sind, das wurde meine Freundin bewiesen, sie hat CI und bekam unbefristet Schwerbehindertenausweis 100%, das ist unfair. Nur sie spricht sehr gut , aber die kann mit CI nicht alles verstehen, anderseits dasselbe umgekehrt, gut hören mit CI aber schlecht sprechen, trotz wurde bei mir verringert, was ist da eine große Unterschied? Ein Versorgungsamt hat aufgepasst, weil es im Gesetz steht, wie ich überhaupt im BBW hereingekommen bin als ich mit dem Ausweis 50% gehabt hatte, weil BBW und das Versorgungsamt begründen oft mit Hörstatus und Ausweis, das wurde bei mir erwischt, weil ich aufgewachsen voll taub bin, LBG und Sprechen ist durch die Schule bekannt gegeben worden, aber GdB verringern das verstand ich damals auch nicht warum. Das war ärgerlich gewesen. Ohr taub , bleiben immer taub, auch wenn CI, es ändert sich gar nicht, es bleiben ein Schaden. Das ändert auch nicht. Wenn ein Glas zerbricht, kann man nie heilen. Das ist beim dem Ohren genauso, nur CI ist ein Technik mit Hilfsmittel, das ist was anderes.

@Deafmax
Die Zeiten von früher waren es so. Das ist wahr, egal ob man mit dem Tauben unterhaltet, früher mussten wir ohne Gebärden leben, das ist grausam. Ich meine nicht ob ich taubsein kritisiere oder verdeitige. Logisch ist das beim Hören unbekannt. Viele kennen Hören nicht, das ist normal, weil die Ohren defekt sind oder einen Schaden haben. Oft bei dem Hörenden sind gegen unsere Sprache, weil wir Audismus nehmen müssen, besonders bei den unerfahrenden Hörenden sagen das so. Ich habe vieles erlebt damit. Diese Zwänge müssen aufhören und erklärt werden.



Neuling



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@Deafziege, zu deiner Fallbeispiel. Es schaut nah indirekter Audismus. auch wenn eine/r dem andre tauben fragt ob er/sie ihn/ihr hilft.
Das Aussenbild zu den Kellner kommt audistisch ruber.
Aber die tauben selbst sind kollektiv untereinander.



Spitzenmitglied



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@deafziege:
Vielleicht ist das nur die dumme Ansicht einer Hörenden, aber wandel das Beispiel mal ab:
Zwei Leute sind in Frankreich. Einer spricht Französisch, einer nicht. Sie gehen in die Bäckerei und wollen Brot kaufen. Der französische Bäcker versteht den nicht, der kein Französisch kann (oder er will ihn nicht verstehen...bekanntermaßen können die Franzmänner durchaus Englisch, weigern sich aber, auf eine andere als ihre Landessprache zu reagieren. :D ). Daraufhin übersetzt der, der Französisch kann.

Was ist das jetzt ?
Unhöflichkeit ? Würde ich nicht sagen. Ich hätte es unter Hilfsbereitschaft gefaßt und wäre anstelle des Nicht-Französischsprechenden eher sauer gewesen, wenn mein Kumpel mich hätte hängenlassen.
Oder wollte der, der Französisch konnte, jetzt nur seine Überlegenheit raushängen lassen - oder gar aussagen, daß Französisch was Besseres ist als jede andere Sprache ?



Spitzenmitglied



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Ich habe eine interessante Frage an euch. Heute habe ich mit mein Kumpel was interessantes darüber diskussiert.

Was ist, wenn ich auf der Familiefeier (alle hörend und ich der einzigste hörgeschädigt) bin, verstehe ich alle nicht oder kaum, was sie sagen wollen? Ist das Audismus? Bin auf Eure Meinungen gespannt, was wir gerade über unsere Familie denken und fühlen.


"Denk ich an Deutschland in der Nacht......." (H. Heine)



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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@Rainbow,
ich möchte auf die Fähigkeit zurückkommen: die Fähigkeit die Sprache zu beherrschen. Hören&Sprechen setzt eine Hörkontrolle voraus, taube Personen haben es nicht. Also in diesem Fall wäre es Audismus, wenn die taube Gäste keinen anderen Weg sehen, als das Sprechen zu versuchen. Audismus muss nicht heissen, dass man unverschämt ist, weil nicht barrierefrei, sondern weil einfach es unüblich ist, etwas für Menschen die nicht hören etwas anzubieten.
Aber dass der Franzose nicht anders als französisch spricht und sein Kumpel ungefragt einwendet ist eine Höflichkeitssache, die unter Freunden voll ok ist bis Charakterbedingt eine Unverschämtheit ist, aber kein Audismus.
Bei mir stellt sich nur die Frage nach dem Zwang Sprechen zu müssen, weil es nichts anders geht. Für mich ist die Einmischung kein Audismus.

@TigerWood, für mich ist es Audismus, wenn auch unabsichtlich, unbewusst etc. Audismus kann allgegenwärtig sein, existent wie dass die Zeit existiert. In meiner Familie gibts diesen Audismus auch, auch wenn ich meien Familie liebe. Unbewusste Audismus gehört einfach dazu. Es ist noch schwierig in dieser Weise Audismus zu "diagnostieren" ohne jemanden zu verletzen. Es geht nur darum es bewusst zu machen, damit es in andere Dinge noch besser wird und nicht dass die Gewohnheit noch schlimmer wird.
Ich kann später noch was erzählen.

Gute Nacht LG deafmax


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Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied



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Ich habe eine klein verschiedene Analysis in Wiesbaden aufgestellt.

Jetzt moechte mein linkes Auge zumachen und das rechte kann nicht "aufstehen".

Bis MORGEN, d.h., wenn beide Augen wach sind und aufstehen koennen.


Hartmut



Spitzenmitglied



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@deafmax:
Ich glaube, wenn ich Dein Posting richtig verstanden habe, dann liegen wir auf derselben Wellenlänge.

Was ich aussagen wollte, war:
Mit Recht betrachtet Ihr doch die Gebärdensprache als eine gleichberechtigte, vollwertige Sprache wie andere Lautsprachen auch.
Also sollte m.E. diese Einmischung genauso gehandhabt werden wie in meinem Französisch-Beispiel. Der Freund hat hier nur helfen wollen, damit sein Kumpel (der dann wahrscheinlich gerade sein letztes Papier verbraucht hatte :D ) an seinen Cheeseburger kommt.
Und zu sagen: Das ist ja audistisch, weil der Angestellte von McDoof keine Gebärdensprache kann, soweit würde ich nicht gehen. Wenn man soweit gehen wollte, dann wäre es auch diskriminierend, daß die Mehrheit der deutschen Bevölkerung kein Sorbisch spricht. Und da würde ich auch sagen: Wozu soll ich das lernen ? Wie oft im Leben kriege ich es denn mit Sorben zu tun ?

Unter Audismus, so wie ich es den vielen Diskussionen hier entnommen habe, verstehe ich auch den Zwang sprechen zu müssen (Verbot von DGS in der Schule, beispielsweise) oder den Druck, etwa ein CI einpflanzen zu sollen, weil es besser sei, etwas hören und sprechen zu können.

Soweit zu gehen, diese Einmischung als Audismus zu betrachten, schadet meiner Meinung nach sogar Eurer Sache. Das erinnert mich ein bißchen an meine Zeit bei Amnesty International. Da kam monatlich ein Magazin heraus, u.a. wurde darin auch über die weiblichen Anredeformen gestritten. Nun gut, ich finde es auch störend, wenn ein verkalkter Pastor in der Kirche immer noch von "Brüdern" statt "Brüdern und Schwestern" spricht u.ä. Aber daß das sächliche Wort "Mitglied" zu "Mitgliederin" wurde - das war dann einfach nur noch lächerlich. Bei sowas kam dann selbst bei mir der Gedanke auf: Ach du Scheiße, die Kampfemanzen haben schon wieder was zu meckern.

Man muß nicht hinter jeder Hilfsbereitschaft sofort böse Absichten vermuten. Bei dem Französisch-Beispiel hätte jeder Hörende, dem der Nicht-Französisch-Könner davon erzählt und sich beklagt hätte, gesagt: Du hast ja einen Knall.



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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@Rainbow,
nein, die Einmischung an sich ist kein Audismus, vielmehr dass man Sprechen muss. Taube Personen können nicht hören, es liegt ihr eigentlich nicht an der Natur zu sprechen.
Der Unterschied zum sorbisch (was'n eigentlich für Sprache? [oops]) dass der jeweilige Person die Kontrolle zum Sprechen hat, diese Personen können zwar verstehen was man sagt, aber die Sprache nicht verstehen. Hier liegt der Unterschied. Der Kellner wäre überrascht oder verduzt, weil die Lautsprache der taube Menschen ungewöhnlich ist.
Es geht wie geschrieben nicht darum jemanden anzuprangern, sondern nur um drauf hinzuweisen dass eine Ungleichheit vorhanden ist. Bei manche Türen kommen Überrundlichen nicht durch und bei manche Durchgänge schlagen sich "Länglichen" wie ich den Kopf, dafür gibts keine Bezeichnung, aber wirkt ja nicht sozial, gesundheitlich und gar geistig negativ aus, wenn man eine solche Barriere hat. Bei der Sprache schon. Man kann nicht die Lautsprache mit der Gebärdensprache gleichsetzen.
Diese Wunsch und verlangen haben oft die gebildeten taube Menschen, die "zuviel" in der Hörende Welt leben, weswegen sie beanstanden dass Gebärdensprache "so wenig, nicht gleich wie die Deutsche Sprache etc." sind. Es ist eigentlich kulturell sowohl in der Sprache als auch Lebensweise (visuell orientiert) völlig anders als die Lautsprache.
Und Audismus ist nur dort, wo taube Menschen von natur aus keine eigene Kontrolle übers eigene Sprechen haben und die Augen von Natur aus nicht die Aufgabe haben Lippen zu lesen. Darum gehts bei der Audismus.

Die Einmischung selbst ist nicht das Wesentliche zum Thema Audismus, sondern dass die taube Person sprechen müssen.

lg deafmax


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Spitzenmitglied



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@deafmax:
Ah....
aber wie sähe da die Lösung aus ?
Tatsächlich Pflichtunterricht in Gebärdensprache für sämtliche Bundesbürger ?

Sorbisch=die Sprache der Sorben, einer Minderheit in der Lausitz. Nicht zu verwechseln mit den Serben. [wink]



gehörlosenfreak
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@Rainbow, die Lösung für mich ist in diesem Situation nicht eine zwingend und heutzutage. Wenn die Sensibilisierung schon früher anfängt, wird man z.B: gleich nach Alternativen suchen: Z.B: Speisekarte holen, Stift&Notiz anbieten usw. Es geht mir viel mehr darum aufzuklären wie man in einer solchen Situation zurecht kommen kann.
Restaurant, Cafe, etc. ist für die Bevölkerung da, daher solls auch für alle zugänglich sein. Für nicht nationalsprechenden kanns auch bebilderte Speisekarte sein. Heutzutage ist Änderungen, Korrekturen mit der moderne Technologien kein Problem mehr!
Gebärdensprache wäre Vorteil aber nicht zwingend erforderlich in solche Gaststätten.

Gut dass wir darüber unterhalten, aber ich glaube bei dem Fall zum Thema ging es um die Einmischung zwischen die beiden taube Gästen - ob diese Audismus sei. Für mich ist das direkt kein Audismus, aber schon Folgen der Audismus.
Ich war mal völlig verduzt, dass Lukbo bei einem Essenbestellung nicht mal den Mund aufmachte (Mundfaul ;) ), nachdem er ein Monat lang intensiv im Kultur der taube Menschen durchgelebt hat - obwohl er zuvor gewöhnlich redete. Das hat mir beeindruckt. Es ist ein irrtum zu glauben, dass man nur mit dem Sprechen in die hörende Welt integriert ist, denn es gibt genügend Alternativen. Es geht nicht um verpflichtende GS-Unterricht für Bundesbürger, sondern um Sensibilisierung zum Umgang mit taube Menschen, aber auf andere Seite auch bei/von/für taube Menschen selbst.

deafmax


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Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied



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@deafmax: Ich respektiere deine Meinung. Aber man soll gar nicht alle Schuld zu hörende Familie schieben, egal wie unbewusst, unabsichtlich das war.
Das Problem ist, ich weiss wovon ich rede und wie ich selbst oft Gehörlose beobachtet habe. Was mir wirklich auf den Geist gehe, warum viele GL nur die reinste psychologische Tricks suchen! Wofür bekommen, benutzen, brauchen Sie die technische Kommunikationshilfmittel für Gehörlose u.v.m. um eine reibungslose Kommunikation zu sorgen?

Was sehr interessant ist, wenn eure Familie unbewusst oder unabsichtlich nicht mit euch kommuniziert. Und ihr bezeichnet als Audismus. Für mich ist es kein Audismus. Sondern es liegt an euch mangelnde Selbstbewusstseineinstellung. Ihr müsst mehr an eure Familie öffnen, was ihr wirklich vermisst.

Damals als ich bei der Deaf Youth Way in Essen war wo das Thema Audismus präsentiert wurde, dachte ich "Oha interessantes Thema, aber erst viel später habe ich verstanden was Audismus für mich genau bedeutet." Sorry, warum ich so schreibe muss und warum ich grösstenteils der Begriff Audismus nicht verstehen kann.



Zuletzt geändert von TW1 am 10.10.2008, 16:52:08, insgesamt 3-mal geändert.

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Mich interessiert nur eins , was ist mit dem Spätertaubten Leuten? Wie reagieren die denn eigentlich, wenn man plötzlich weniger hört oder taub ist?
Ich habe gestern im Tv auf ZDF Spielfilm um 20:15Uhr mit UT gesehen, da war ein kleiner Junge der sehr gut Klavier spielten kann und nach seinem Unfall hörte er 20% schlechter, genau mit solcher Situation hat mich aus dieser Interesse geweckt. Es hat auch mit dieser Audismus Thema zu tun. Denn in England haben was neues endeckt was uns im Leben wirklich Angst macht. Wenn Ihr mit dieser Film vom 10.06.2007 um 20:15Uhr auf ZDF Rosamunde Pilcher gesehen habt, dafür möchte ich mit diesen Thema echt für die Leute die mit solchen PLM haben, mitzudenken, was für uns in die Zukunft betrifft!!

Link:http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/23/0,1872,2075319,00.html


In England kann man ohne CI leben und man kann eine neue Innenohrprothese für OP bekommen und schon hören die wieder wie damals, genau das wird bei uns auch irgendwann passieren, wenn ein tauber Mensch auf die Welt kommt und später ohne CI hören kann!! Das ist möglich.



EL-Sieger´13
EL-Sieger´13



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Was mich am meisten ankotzt:

Deutsche Bahn

Die ganze Verspätungen/Gleiswechsel/Ausfall werden per Ansage angekündigt.
Oft wird erst in Zügen angekündigt, dass die Züge nicht mehr zur Entstation fahren, sondern hören mit der Route früher auf und fahren dann in die andere Richtung.


Das ist aus meiner Sicht ein klarer Fall von Audismus.
Lösung: In den RE-Zügen sieht man doch immer die Laufschrift (Nächster Halt... / Datum / Uhrzeit)? Da kann man doch die Informationen reinschreiben: Verspätung von XXmin oder Hält nicht an der Endstation.
Oder was weiss ich


Wer tanzt, hat bloß kein Geld zum saufen!



Spitzenmitglied



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hi Henry

das mit der Deutschen Bahn hast du ja vollkommen recht!!!

Ich erlebe solche Situationen wieder mal....

Gruss Marky



Spitzenmitglied



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Also da muß ich mal die Deutsche Bahn in Schutz nehmen:
Ich hab meistens entsprechende Anschläge auf den Tafeln am Bahnhof gesehen (letztens noch in Stuttgart etc.).

Und als mal keine Durchsagen kamen, vor ein paar Jahren, da kamen sie auch nicht über Lautsprecher. Vermutlich, weil da zuviel los war (Orkan über NRW hatte etliche Bäume umgeworfen).



EL-Sieger´13
EL-Sieger´13



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@Rainbow
Natürlich gibt es Informationen am Bahnhof. Aber oft teilweise nicht ausreichend!


Aber wenn du im Zug bist?? Da hast du keine Anschläge, keine Informationen sondern nur ne Ansage, die wir GL's nicht hören können. Selbst Personen mit Walkman haben oft die Ansage "verpasst".


Wer tanzt, hat bloß kein Geld zum saufen!



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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@Tiger Woods
Das Problem ist dass "Audismus" gleich im Ganzen als Unterdrückung, Diskriminierung definiert wird. Ist es aber nicht. Audismus ist nur eine Feststellung von Taten, Handeln, Lebensweise. Das muss nicht unbedingt negativ sein!
Ich würde meine Familie aber nicht "audistisch" nennen, sondern nur so sagen, dass ich in der Familie Audismus erlebe. Es ist eine logische Handlung. Selbst wenn taube Menschen voll informieren, kanns nur mit Glück so sein, dass dann die ganze hörende Familie z.B. in Gebärdensprache kommuniziert, das wäre echt ein Hammer und man würde denken "nur wegen einem tauben Familienmitglied gebärden alle untereinander". Das ist/wäre natürlich schön, aber realistisch gesehen gehts nicht so.
Ich gebe meiner Familie keine Schuld, es ist nur eine natürliche Situation.

Wie in Audismus-Thread schon geschrieben, wirds noch lange dauern, Audismus richtig zu definieren. Ich bin überzeugt, Audismus muss nicht schlecht sein. Audismus hat eine starken Bezug auf Kommunikation. Aber mit alle anderem ists ok: Verständnis, Dazugehörigkeit etc.

lg deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied



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Ich habe das von Hartmut neu vorgeschlagene Gebärde für Audismus so
verstanden: es besteht aus 2 Teilen: Zeigefinger am Ohr = "Hören",
dann Zeige- und Mittelfinger am Kopf über Ohr = "Einstellung".
Dies entspricht der Audismus-Definition (Überbewertung des Hörens,
Einstellung, Ansichten, usw.)

Es gibt bereits eine DGS-Gebärde für "Einstellung", dabei berühren Zeige-
und Mittelfinger (der rechten Hand) auf die linke Handfläche.

ÖGS-Gebärde für "Einstellung" ist anders, ähnlich wie mit der Hand einen
Schalter auf der Brustfläche umschalten.

@deafmax: gratuliere, wie ich sehe, hast du seit KuGG viel dazugelernt. :)
Mit deiner Meinung stimme ich voll überein.


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



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ich kann euch mal eine umgekehrte situation erzählen.

am samstag war ich mit meinem gehörlosen kumpel baden. er hat noch zwei weitere gehörlose mitgebracht, was ich ja net vorher wusste.

ich lerne seit 7 jahren (für meinen kumpel) gebärden und es fällt mir sehr schwer. mittlerweile versteh ich ein paar dinge aber verständigen tu ich mich wie ein sächselnder eskimo in mecklenburg. (seine beiden freunde verstanden meine gebärden net, so dass er es nochmal wiederholen musste) verstehen tu ich gs noch schlechter, vor allem wenn die hände der gehörlosen sich für meine augen zu schnell bewegen.

ich kann schon froh sein wenn ich überhaupt mal eine gebärde in nem gespräch verstehe

dann hat er ihnen was lustiges erzählt alle drei haben gelacht und sich weiter gebärdet. dann hab ich ihn gefragt was so lustig war, und er sagte: "ist was für gehörlose" (anders gesagt: "kapierst du net") schade

das ist anti-audismus (wieauchimmer ^^)

nebenbei: sorbisch ist eine slawische sprache, wie polnisch tschechisch oder russisch und hört sich auch fast so an.

und das mit dem pflichtunterricht aller leute in dgs find ich gut, vielleicht grundunterricht für grundschulkinder und halt für arbeitnehmenr die mit leuten zu tun haben also in der öffentlichkeit arbeiten.

denn eins weiß ich: volkshochschule ist zu teuer und bringt nix. so wie dies dort machen kommt eh niemand hinterher. die sollten mit lbg anfangen und halt fließend später in dgs übergehen. (das sind doch etwa die gleichen gebärden die bei lbg gebraucht werden oder???)


Für den Frieden kämpfen ist wie für die Jungfräulichkeit vögeln!



Spitzenmitglied



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Hm trotzdem ist es für mich schwierig, was wirklich Audismus ist. Auditisch gesehen haben GL unter GL auch Kommunikationsschwierigkeiten z.B. Aphasie. Auch gegenüber CI-Träger, Schwerhörigen, Spätertaubte.....


"Denk ich an Deutschland in der Nacht......." (H. Heine)



Spitzenmitglied



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Lukbo,
meine Gebaerde fuer Audismus beginnt schon mit dem gekruemmten V-Hand, beide Fingerspitzen beruehren Schlaefe und dann auf die Seite des Stirns (Ohr zum Stirn, "Gehoer zur Einstellung").

Eine andere Gebaerde sah ich in Norway benuetzt, Der gekruemmte Mittelfinger einer 5-Hand beruehrt das Ohr zweimal. Nur das Gehoer wird dort betont.

TigerWoods,
du musst genauer beschreiben, inwiefern wir gegen CI-Traeger, Schwerhoerigen und Spaetertaubten diskriminieren. Warum nicht stellst du ein Fallbeispiel hier zur Betrachtung!? Vielleicht ist es nicht Audismus.

Nightcrawler,
die Situation, als einziger Hoerende unter tauben Gebaerdenden zu befinden und die Sprache nur in Fetzen zu verstehen, kann als indirektem Audismus angesehen werden, in dem Sinne, dass die Gesellschaft auf die Praesenz von tauben Menschen und der GS nicht vorbereitet war, weil die LS dominant und die GS als primitiv angesehen wurde. Aber darueber hinaus ist die Situation vergleichbarer mit Sprechern unterschiedlicher Sprachen. So ist dein Beispiel von Eskimo in Mecklenburg treffend. Dein Kumpel sollte geduldig den Gebaerdenwitz wiederholen, wie wir auch in der Familie von Geschwistern oder Eltern bitten wuerden. Aber das kann nicht jedesmal unter Sprechern verschiedener Sprachen gemacht werden.

Deafmax, doch: Unterdrueckung, Diskriminierung usw. sind in der Definition als Result von bestimmten Einstellungen definiert, sonst waere er kein diskriminiernder Ismus. Wenn nicht, dann zwecklos ueber Audismus zu sprechen. Also ist die Definition einigermassen negativ geladen. Du meinst sicherlich, dass manche Einstellungen nicht diskriminierend oder verletzend wirken kann, das stimmt. Man kann audistisch (unbewusst) sein, ohne dass es zum Audismus ausartet.

Ansosnsten stimme ich mit deinen Gedanken ueberein. Du hast den Begriff gut weitergesponnen.

@Rainbow,
es wurden zu oft per Lautsprecher angesagt, nicht nur auf dem Bahnhof, dass NICHTS visuell Gleichwertiges eingesetzt wird. Das ist der Hauptpunkt. Man muss halt immer an das Visuelle mitdenken, wenn etwas aural angeboten wird.


Hartmut



Spitzenmitglied



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Analysis von obigen Fall (Fall A):
Caution: Mini-Essay, besser ausdrucken und offline lesen.

Fuer die Btrachtung dieses Falles, legt den Fokus stärker auf das Verhalten beider tauben Konsumenten.

Es liegt Audismus vor, stärker bei den tauben Konsumenten als beim Dienstanbietenden (Verkäufer), basiert (folgend der Definition von Audismus) auf die Wertstellung des Sprechens als „einziges“ Mittel der Kommunikation, woraus eine Diskriminierung entstehen kann (nicht in der Fallbeschreibung beschrieben, was momentan unwichtig ist).

(der, er, ihn usw. beidgeschlechtlich gemeint, also sowohl männlich als auch weiblich)

1. Erstens hat der erste taube Konsument das audistische Gedankengut bzw. Verhalten durch Schulerziehung und vielleicht auch von der Familie erworben und verinnerlichert. Er glaubt,

a) man kann mit Hörenden nur lautsprachlich kommunizieren;
b) andere Kommunikationsmittel wie Gesten machen, Zeigen, Schreiben würden abgewiesen oder nicht gerne empfangen;
c) Sprechen sei besser/vornehmer/höflicher/gescheiter als andere Mittel;
d) er dürfe sich nicht als „taubstumm“ verhalten;
e) er habe die Taubstummheit „besiegt“, wenn jemand endlich sein Sprechen versteht.

Nicht alle diese Annahmen brauchen in ihm zu schlummern. Zweitens weiss er schon von früheren Erfahrungen, dass sein Sprechen höchstwahrscheinlich nicht verstanden wird. Warum besteht er auf unwirkungsvollem Sprechen? Drittens hat er kein Schreibzeug bei sich.

Die Entscheidung zu sprechen oder nicht liegt auf was praktischer, schneller oder einfacher geht. Der Konsument weiss, welche Wörter schnell von ihm verstanden wird und welche nicht. Problemlos ist wenn man nur „Kaffee“ möchte und bestellt oral „ein(e) Kaffee“. Aber das Problem wird grösser, wenn man dazu „ein bisschen Milch und 2 Löffel Zucker“ bestellen möchte.

2. Beim bessersprechenden zweiten Konsumenten kann seine Hilfsbereitschaft nicht als audistisch bewertet werden oder doch? Ich denke, er hat audistisch gehandelt, jedoch nicht diskriminierend gegenüber dem ersten Konsumenten, wenn die Hilfsstellung von diesem gewüscht wird. Wenn sie erstens nicht gewünscht ist, wird sie als Einmischung aufgefasst und hoffentlich dem Helfenden klar gemacht. Warum die Hilfestellung (gefragt oder ungefragt) audistisch sein kann, ergibt sich aus unbewussten Annahmen, wie oben für den ersten Konsumenten beschrieben a), b) c) d) und etwas von e). Nicht alle versteht sich. Sein Hilfsverhalten würde den Audismus in ähnlichen Situationen nicht vermindern helfen. Was würde geschehen, wenn der erste Konsument allein wäre und niemand ihn bei der Kommunikation hilft? Dem Hörenden wird die Möglichkeit genommen, mit tauben Menschen kommunikativ anders umzugehen zu lernen.

3. Der Verkäufer ist nicht audistisch, wenn er das Sprechen einer tauben Person auditiv nicht versteht. Etwas unbewusst audistisch kann er sein, wenn er annimmt, es gäbe keine taube Personen und glaubte, der Konsument könne hören, aber spricht nur schlecht, und plötzlich „unvorbereitet“ ist, einem Tauben gegenüberzustehen. Audistisch und diskriminierend wird er, wenn er weigert, andere Kommunikationsmittel zu versuchen, wenn er den tauben Konsumenten ungeduldig übergeht.

Lösungansaetze: 1. Es sollte hier an die „Zukunft“, an die Verminderung von Audismus, an den Wertrelativismus des Hörens und Sprechens gedacht werden. Betonung in den Lösungsansätzen liegt auf was uns am besten dient, als was „mir“, „dir“, „ihm/ihr“ in einer bestimmten Situation hilft.

2. Die Taubheit dem Dienstanbietenden zu erkennen geben. Damit wird die unbewusste Annahme, dass alle Menschen hören und sprechen können abgebaut. Man lernt, dass es taube Menschen gibt.

3. Mit dem Schreiben sofort anzufangen, auch wer gut sprechen kann, wenn eine komplizierte Antwort/Entgegnung erwartet wird. Es kann praktischer gehen, wenn man nur sprechend anfragt oder bittet, wenn die Erwiderung nur aus dem Kopfnicken oder -schuetteln besteht, oder wenn nur mit einem leicht ablesbaren Wort geantwortet wird. Erfahrung zeigt, wenn jemand mit dem Sprechen anfängt und sofort verstanden wird, wird der Hörende stärker zögern, später seine längliche Entgegnung aufzuschreiben. Eine Entgegnung mit mehr als zwei Sätze wird bekanntlich schwer richtig und vollkommen abgelesen. (Pyros, dein Einwurf von "doof dastehen" beim sofortigem Schreiben im anderen Thread ist beleidigend gegenüber uns alle! Der Rat, am Anfang mit Schreiben anzufangen, auch wenn man gut spricht, kommt tatsächlich von einem Spätertaubten wie du!).

4. Übersetzungshilfe eines Hörenden oder tauben Gutsprechenden nur behutsam einsetzen, damit mehr Hörende lernen, wie man besser nicht-audistisch mit tauben Nicht- oder Schlechtsprechenden umgeht, und andere Kommunikationstechniken anwendet.

5. Dem Management eines Establishment kann angesprochen werden, ob ein Aufklärungstraining fuer ihr Personal angeboten werden kann. Dort wird auf die besonderen Kommunikationsbedürfnisse tauber Konsumenten mehr sensibilisiert.

Also hier liegen die Lösungsansätze verstärkt auf die Veränderung in Verhalten der tauben Konsumenten.


Hartmut



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ich hab mein beispiel angebracht weil ich euch was zeigen wollte. und zwar dass ihr in der hinsicht net besser seid, auch wenn mans ni grade "audistisch" nennen kann.

mein lösungsansatz wenn beide seiten besser aufeinander zu gehen. so dass die einen ein wenig sprechen lernen und die anderen ein wenig gebärden.

ich hab schon versucht meine freunde dafür zu begeistern aber mit null erfolg. meine freundin hat leider auch kein interesse. :(

das problem dass ich besser lerne: ich seh meinen gehörlosen kumpel zu selten.


Für den Frieden kämpfen ist wie für die Jungfräulichkeit vögeln!



Spitzenmitglied



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Ein anderer Fall wurde mir beim KUGG vorgebracht, ob es audistisch sei.

Fall B: Ich bin schwerhörig. Ich habe meine taube Indentidät entwickelt und bin noch im Stadium des Selbstbewusst-Werden. Ich benutze DGS ziemlich gut, manchmal im deutschen Satzbau, machmal kommen deutsche Phrasen in Gebärden dazwischen. Jedoch bereitet mir das Zuhören von langen DGS-Vorträgen Konzentrationsschwierigkeiten. Ist dann meine Bitte nach einem Oraldolmetscher oder LBG-Dolmetscher audistisch ?


Hartmut



Spitzenmitglied



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@Nightcrawler,

dein Loesungsansatz wird seit 200 Jahren gebraucht. Die Situation kennen wir zu gut, erleben wir alltaeglich. Taube Kinder lernen zu sprechen und spricht in den Familien vorwiegend. Jedoch ist das zur Einweg-Kommunikation geworden, von Tauben zu Hoerenden.

Deine Beschreibung betrifft eher die Situation von Gruppen, die keine gemeinsame Sprache fuer fliessende Kommunikation haben. Also unloesbar, bis jemand die Sprache der anderen genuegend beherrscht.


Hartmut



Zuletzt geändert von Hartmut am 12.06.2007, 20:53:01, insgesamt 1-mal geändert.

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stimmt net.

weil die tauben lernen zwar fast alle sprechen aber fast kein hörender lernt ansatzweise gebärden!


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Nightcrawler,
ach so, das meinnst du. Dein Beitrag wegen deiner Klage, dass dein tauber Kumpel dir den GS-Witz nicht wiederholen moechte, laesst den Eindruck hinter, dass wir genauso schlimm wie die Hoerenden seien.


Hartmut



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jaja die missverständnisse. ich hätte net "ihr" schreiben sollen sondern "manche gehörlose" zufrieden?


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Fall C: (von Limette in einem anderen Thread vorgebracht)

Ein hoerender Nachbar erscheint an der Tuer einer Wohnung oder eines Hauses wo taube Person wohnt. Sie kennen schon einander. Er plappert und plappert und uebersieht deren Gesichtsausdruck und Koerperhaltung, die anzeigt, dass er nicht verstanden wird. Die Geste des Aufschreiben wird auch ignoriert. Ist die Situation und der Nachbar audistisch?

Was koenne dagegen gemacht werden?


Hartmut



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der hörende depp sollte mal die augen öffnen oder ist er vielleicht blind?! ^^

und nochwas hartmut um unsere diskussion zu beenden, gehörlose sind auch nur menschen mit fehlern. und auf keinen fall was besseres, sondern einfach nur normale menschen :P


Für den Frieden kämpfen ist wie für die Jungfräulichkeit vögeln!



Zuletzt geändert von Nightcrawler am 12.06.2007, 21:23:24, insgesamt 1-mal geändert.

Spitzenmitglied



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Man muß nicht immer alles "audistisch" sehen, wenn
z.b. ein Nachbar los plappert und der GL da steht und
nichts versteht.

Sondern einfach mal den Menschen drauf hinweisen,
dass der GL nichts hören kann.

Dann würde der Nachbar oder jemand anders sich
dafür entschuldigen, weil ers vergessen hat.

Ein Beispiel:

Ich bin sh und telefoniere schon regelmässig.
Wenn ich z.b. bei der Telekom anrufe und der
Typ vom Call-Center spricht nicht deutlich oder
laut genug (nuschelt vielleicht) und ich sage ihm
klipp und klar, dass ich sh bin und er bitte schon
etwas lauter sprechen soll.
Ok, er tut es, aber nach gut 20 Sekunden bla bla
fängt er wieder an leise zu reden.

Ist das Audismus oder nur weil der Typ jedesmal
nicht daran denkt, dass ich sh bin?



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@hartmut

zum Fall B:

Glaube dass es nicht audistisch ist weil der eine Schwerhörige einen Dolmetscher für sich beansprucht hat um es noch besser zu verstehen können.

zum Fall C:

Der Nachbar verhält sich audistisch, keine Frage.
Lösungsvorschlag: Der Gehörlose, kann wenn möglich auf die Schulter des Nachbarn klopfen und ihm das Zeichen (Zeigefinger auf Mund - Gebärde für Still) zeigen. Ansonsten sollte der Gehörlose gebärden so dass der Nachbar ihn nicht versteht und bis sich die Lage beruhigt hat sollte es zur möglichkeit kommen um Details schriftlich klären zu können.



Zuletzt geändert von deaf.mario am 14.06.2007, 07:58:17, insgesamt 1-mal geändert.

Spitzenmitglied



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~Zizou..

Viele Menschen sind einfach zu unbewusst und sind auch daran gewööhnt mit ihre eigene Sprache bzw. Töne zu sprechen.. Wenn die Menschen dich genug kennt, dann passen Sie dich auch schnell an beim telefonieren oder beim kommunizieren!

Warum nach 20 sec oder so wieder leiser spricht, dass ist einfach zur gewohnheit oder reden viel zu lange, dann schwanken auch die Töne, mal hoch und mal tief..



Spitzenmitglied
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@Hartmut,
das ist nicht mehr mein Fallbeispiel, da kannst mein Nick ruhig weglassen. :)
Denn bei mir war es so, wir kannten uns nicht, denn die ist neu eingezogen.

-> wenn der Nachbar schon weiß daß die/der gl gl ist, dann auditisch, sonst nein.

Wenn er es nicht wusste, woher soll der Nachbar auch wissen, daß
die/der gl ist? Die Gehörlosigkeit bzw. Taubheit sieht man ja nicht.

Abhilfe:
Wenn der GL nicht spricht, dann abwarten bis Nachbar aufgehört
hat zu quatschen. Dann sollt gl wohl schriftlich sagen, daß der nichts hört.




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