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 [Diskussion] Was ist Audismus


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Spitzenmitglied



offline
@,
mit der unbewussten audistischen Diskriminierung habe ich ein Problem.

Was ist das überhaupt?

Wenn ich in der Straßenbahn jemand unbewusst anremple, weil ich mich nicht richtig festgehalten habe,
ist das sicher keine gewollte Anpöbelei.

Im täglichem Leben gibt es viele Möglichkeiten in Fettnäpfchen Anderer zu treten,
die einem persönlich überhaupt nicht bewusst werden.


Pyros



Spitzenmitglied



offline
@Pyros,
verstehe deine Objektion von "beschuetzende Lebensform" nicht. Was wolltest du damit sagen? Denkst du etwa an "beschuetzte Werkstatt"?

Ja, unbewusste Diskriminierungen werden oft gemacht. Ich selbst war unbewusst rassistisch und sexistisch. Unabsichtlich habe ich manchmal in ein Fettnaepfchen getreten. Ich war in verschiedenen Seminaren, um mir solche unbeabsichtigten Manifestationen von Rassismus und Sexismus bewusst zu machen. Mache ich etwas falsches, und man sagt mir, das sei ja rassistisch bzw. sexistisch. Dann denke ich mal nach oder bespreche mit der Person darueber. Ich kann unschwer mit ihr darueber besprechen ohne mich zu verteidigen, weil ich schon in dieser Materie sensibilisiert worden bin.

Es gibt andere Ungeschicklichkeiten, wie dein Beispiel in der Strassenbahn, die unter keinem diskriminierenden Ismus fallen. Man sagt einfach "Entschuldigung". Er weiss, warum er "Entschuldigung" sagt. Aber man weiss oft nicht, dass man audistisch geaeussert hat, wenn nicht vorher schon sensibilisiert.

@alle,
[Nachtrag:] unten habe ich die neuere Definition von Audismus aus dem Thread "Kurzfilm Festival zum Thema Audismus" wieder hineinplaziert. Audismus wird nun als Gedankengut dargestellt, wo der Wert des Hoerens und Sprechens absolut oder zu hoch gestellt wird, woraus Diskriminierungen entstehen, statt als Zusammenfassung der Diskriminierungen.

Audismus ist eine Zusammenfassung von Einstellungen und Ansichten, in denen der Wert von Hoeren und Sprechen absolut oder zu hoch gestellt wird, woraus bewusste oder unbewusste Diskriminierungen in verschiedener Haerte in Form von Äusserungen, [Nachtrag add:] Verhalten, Taten, Benachteiligungen und Regelungen kommen [Nachtrag add:] können, die zu tauben und schwerhoerigen Menschen gesagt oder an sie ausgeuebt werden oder gegen sie gerichtet sind. Er ist eine Form von Rassismus.

Wichtig ist hier zu vermerken, dass das Gedankengut erst audistisch wird, wenn es an taube Personen gerichtet oder geaeussert wird. Zu einem Hoerenden ist eine Aeusserung des Hochwertens des Hoerens nicht audistisch, aber einem tauben Gegenueber ist es audistisch, wenn damit verbunden, dass der taube fuer sich diesen Wert auch pflegen muss. Man kann in die Welt hinausposaunen, wie schoen das Hoeren ist. Nichts ist audistisch damit. Aber Audismus beginnt, wenn weiter vorwurfsvoll gesagt wird, "Warum moechten denn taube Personen sich nicht operieren lassen, um die Schoenheiten der Toene zu erleben?" oder "Ich verstehe nicht, warum sie weiter taub bleiben moechten."

Es ist auch audistisch, wenn geglaubt oder behauptet wird, dass Probleme, welche taube Menschen in der hoerenden Welt erfahren, allein wegen ihrer Taubheit sind. "Na ja, wenn sie nicht taub waeren, haetten sie diese Probleme nicht!" So zu denken ist Audismus.


Hartmut



Zuletzt geändert von Hartmut am 07.12.2007, 16:31:27, insgesamt 4-mal geändert.

gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



offline
Aus dem Archiv von Juni 2003 (gestellt von Lukbo) stelle ich her:

############

TAUBHEIT - EINE BEHINDERUNG ?

Taubsein - ein Beitrag zur Vielfalt der Menschheit

von Hartmut Teuber

Aus dem 2. Buch Moses (Exodus), 4.10: Gott sprach zu Moses: "Wer hat dem Menschen den Mund geschaffen oder wer hat den Stummen und Tauben oder Sehenden oder Blinden gemacht? Habe ich's nicht getan, der HERR!".

Die Juden zu Moses Zeiten erachten Taubheit als naturgegeben. Sie ist natürlich, wie der Baum grün ist. Leider ist diese Ansicht im Laufe der Zeit verschwunden. Es wird sogar gesagt, dass die Taubheit eine Krankheit sei, auf deren Verschwinden und Vermeiden gearbeitet werden müsse. Oder sie wird als Leiden oder körperliche Behinderung aufgefasst, die zu mindern oder überwinden sind. Der "HörVERLUST" wird sogar einem Taubgeborenen, der ihn nie und also nicht verloren hatte, zugeschrieben.

Biologische und kulturelle Vielfalt sind erwünscht. Homogeneität (=Einförmigkeit) und Konformismus (=Streben, anderen gleich zu sein) dagegen nicht. Deshalb werden überall Naturschutzgesetze erlassen, um die Vielfalt zu bewahren. Taubheit und Taubsein - das Leben in der Stille als taube Menschen - bringen eine zusätzliche Vielfalt in die Menschheit hinein, die bereits vielfältig ist. Also erfährt die Bedeutung des Wortes "taub" eine Erweiterung jenseits des Nichthörenkönnens und schliesst die besondere Lebensgestaltung tauber Menschen mit ein. Mit Taubheit entsteht eine besondere Facette (=Seite, Ansicht) in der Kultur der Menschheit. Die Existenz tauber Menschen ist notwendig, um diese Facette zur Geltung zu bringen und sie zu erhalten, besonders um den Bestand der nativen (= angeboren, natürlich) Gebärder (analog zu "sprechen" à "Sprecher")jederzeit in genügender Zahl zu gewährleisten. Also die Natur braucht keine Endlösung der Taubstummenfrage!

Jedwede Vielfalt stärkt die Menschheit, wie die Mischkultur von Bäumen einen Wald stärkt. Die Menschheit wird auch durch das Kennen- und Schätzenlernen unsererseits und unserer Sprache humaner und "more enlightened" (= "aufgeklärter"). Das Erlernen einer Gebärdensprache bringt den Menschen Erkenntnisse über das Wesen der Sprache viel näher als die vollkommenste Kenntis einer besten Beschreibung einer Lautsprache.

Die Taubheit ist eine Sinnesbehinderung nur für Hörende, für Spätertaubte, die sie noch nicht verkraftet haben, und für manche Schwerhörige, die sehr viel Drill im Hören als Kind empfangen haben. Hörbehindert und hörgeschädigt sind wir nicht! Die meisten von uns empfinden das Nichthörenkönnen auch nicht als Hörverlust. Auch sind wir nicht "gehörlos", in dem Sinne, dass wir nicht mehr stumm, also sprechend, sind. Das ist gerade warum uns das Wort "gehörlos" von den damaligen "Taubstummen"lehrern eingeführt wurde.

Taube Menschen werden erst behindert gemacht - gesellschaftlich, soziologisch, und sprachlich - durch den Audismus von vielen Hörenden. Der Begriff "Audismus" beinhaltet Vorurteile, die auf dem überhöhten Wert des Hörens beruht sind, der zu Diskriminierungen und Misshandlungen gegen taube Menschen und zur Verhinderung des natürlichen Erwerbs der Gebärdensprache als Erstsprache bei tauben Kindern führt. Audismus ist eine Form von Rassismus, der oft unterschwellig im Unterbewusstsein ruht, der denkt, dass Hörendsein besser sei als taub zu sein, auch wenn es nur wenig ist, und dass Hören für das Leben notwendig sei. Audismus ist natürlich schlecht. Die oralistische "Hörgeschädigten"-Pädagogik hat uns zu gesellschaftlich, seelisch Behinderten gemacht. Sie versucht, aus uns Pseudo-Hörende zu machen, und dadurch wird unser Leben erschwert. Es erfordert von uns einen Befreiungsakt, ein Selbstbewusst-Werden, um uns aus dieser von Menschen auferlegte Behinderung zu lösen.

Die Fähigkeit des Hörens ist gut, und zwar für Hörende. Versucht aber bitte nicht, uns in die Versuchung zu führen, die Hörenden des Hörenkönnens zu beneiden oder das Hören zu begehren mit audistischen Sprüchen wie "Schade, dass du Musik nicht hören kannst!" und anderen ähnlichen.

Es wird zu oft von den Audisten (= Hörende, die Audismus ausüben) behauptet, dass sogar das Hören von Geräuschen eine Erhöhung der Lebensqualität und mehr Sicherheit bedeute und wir deswegen zum Tragen der Hörgeräte oder des CI gezwungen werden müssten. Aber ironischerweise möchten Hörende dem Lärm in die Stille entweichen. Also bessert Stille die Lebensqualität! Wir sind nicht so töricht, um chauvinistisch (=übertrieben patriotisch) für das Leben in Taubsein zu preisen, wie es manche Hörende und ihre Mitläufer mit Slogans rund um das "Bessere Hören" tun, und uns - taube Kinder eingeschlossen - unter Druck setzen, nicht in der Welt der Stille zu leben. Hörfetischismus ist daher unangebracht!

In Wirklichkeit schmälert unsere Unfähigkeit des Hörens unsere Lebensqualität nicht. Sie macht uns auch nicht anfälliger für Unfälle. Sie macht unser Leben nur ein wenig verschieden von dem des Hörenden. Unser Leben wird schwieriger gemacht, nur wenn wir mit Dingen, die für Hörende konzipiert (=entorfen) sind (z.B. Telefon, Fernsehen), nicht aber, wenn wir keine Geräusche hören können. Also werden uns Hürden gestellt! Hörende als Verursacher der Schwierigkeiten haben die grössere Verantwortung, die Hürden zu entfernen durch das Erlernen der Gebärdensprache und durch die Berücksichtigung unserer Bedürfnisse schon bei der Entwicklung neuer Waren und Dienste. In den U.S.A. ist dieses Konzept als "Universal Design" bekannt.

Das Taubsein ist in Ordnung! Jedoch bedeutet es auch nicht, dass Restgehör unerwünscht sei. Bringt jedoch den Wert des Hören nicht über Gebühr (O.F.Kruse)!

Vieles ist heute für uns besser geworden. Alles wegen der grösseren, öffentlichen Wertschätzung der Gebärdensprache, gar nicht weil wir durch die fleissige Anwendung oraler Kommunikationsmittel oder gar durch Musikspielen "das Schicksal der Taubheit besiegt" hätten. Die Idee, dass taube Menschen eine Varietät (=Vielfalt) der Menschheit bzw. eine sprachliche und kulturelle Minderheit darstellen, bringt uns mehr Emanzipation ein, als wenn wir erfolgreich unsere Taubheit durch gutes Sprechen und geschicktes Lippenlesen zu vertuschen versuchen.

Taube Menschen leben immer in zwei Welten. Sie sind also bikulturell zu unterschiedlichen Graden, je nach Erziehung und wie zugänglich die hörende Welt für sie ist. Die Behauptung vom Leben im "Gehörlosen-(Taubstummen-)ghetto" ist deswegen unzutreffend, sogar schlicht unwahr. Nur Feinde des Taubseins bringen den Ghettogedanken als Argument gegen den Gebrauch der Gebärdensprache in der Erziehung tauber Kinder vor, weil sie sich nicht die Mühe geben möchten, sie zu lernen.

Die Idee von Taubheit als ein kulturelles Ereignis haben schon taube Denker im 19. Jahrhundert geäussert. Der französische Ferdinand Berthier mahnte die Akademie der Medizin 1853:

"Das Thema, mit welchem Sie, meine Herren, sich befassen, ist nicht so sehr eine gewöhnliche medizinische Frage, sondern vor allem ein erhabenes Problem der Humanität und Kultur, welches tiefes Nachdenken erfordert, und zwar nicht nur von Ärzten, sondern auch von Lehrern, Philosophen und Gelehrten." (zitiert in Harlan Lane (1988), "Mit der Seele hören", Carl Hauser, S.223)

Etwa 1850 kritisierte der deutsche Taubstummenlehrer Otto Friedrich Kruse die Bemühungen der Oralisten als "Wurzelziehen der Taubstummennatur aus dem Taubstummen".

Man soll lieber das Taubsein beherzigen, statt sich zu bemühen, die Taubheit aus der Welt zu schaffen wie Malaria, oder sie weiter als Defekt, Leiden oder Sinnesbehinderung zu betrachten. Für manche Hörende bedeutet das ein Paradigmenwechsel (Paradigma = Beispiel, Muster) - eine ganz andere und ungewohnte Denkrichtung - was manchmal nicht ohne Schmerzen bewerkstelligt werden kann. Unser Leben würde viel besser aussehen, wenn unsere Eltern eine solche aufgeklärte Einstellung schon früh im Leben tauber Kinder einnehmen könnten und nicht dem "Wurzelziehen der Taubstummennatur" anschliessen würden. Es wird ein Gewinn der Menschheit werden.

Hartmut Teuber, Prolog zu einem Vortrag in Wien 10/2002

############

Veröffentlicht im ÖGLZeitung, 2002 - auch in Zeitschriften "Selbstbewusst Werden" Nr. 59/2002 und "Lesen Statt Hoeren" 5/2002.


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



Zuletzt geändert von deafmax am 16.01.2007, 10:01:34, insgesamt 1-mal geändert.

Spitzenmitglied



offline
Das ist richtig, was Hartmut geschrieben hat. Erst durch Sensibilisierung wird
man sich über eigene Einstellung betreffend Rassismus, Sexismus, und eben
aus Audismus bewusst. Vorher ist man nur unbewusst.

Ich habe hier ein interessantes Dokument über Ausbildung für Richter und
Staatsanwälten betreffend Anti-Diskriminierung vor mir. Eine interessante
Geschichte:

    In einem Strafverfahren in Wien gegen einen Wachebeamten wegen
    angeblicher Vergewaltigung einer Asylwerberin aus Kamerun wurde der
    Wachebeamte freigesprochen, weil die Aussage der Frau als nicht glaub-
    würdig eingestuft wurde.

    Ein Missverständnis lag unter anderem deshalb vor, weil die Frau sich so
    selbstsicher bewegt habe, ihre Gestik und ihr Aussehen machten die
    Behauptung der Vergewaltigung unglaubwürdig.

    Ähnliches wurde auch aus Asylverfahren berichtet. Die aufrechte Körper-
    haltung lässt die behauptete Verfolgung als nicht glaubwürdig erscheinen.

    Afrikanerinnen (wie auch Asiatinnen, inbesondere aus ländlichen Gebieten)
    tragen Lasten von Kindheit an am Kopf. Die dafür erforderliche aufrechte
    und gerade Körperhaltung und Bewegung aus den Hüften erscheint
    Europäern als stolz, selbstsicher und manchmal anmutig.


Dadurch dass der Vergewaltiger freigesprochen wurde, lag auch darin,
dass der Richter in die Kultur in Afrika nicht sensibilisiert war.


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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[schock] Was man da für Vergleiche zieht...
Aber in diesem Sinne, nicht nur der Vergewaltigung ( [roll] ), ist eine Sensibilisierung mit dem Kultur wirklich wichtig.
lg deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied



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Aloha deafmax,

es sind so viele Beispiele im Dokument drinnen, und ich wette, 99% von den
Richter, Rechtsanwälte, Gutachter sind in der Gehörlosenkultur nicht sensibilisiert.
Du erinnerst dich sicher an dem Streitfall mit einem Gutachter im Fall dreier
Gehörlose in Wien.


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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@Luk,
da hast du vollkommen recht. Bin heute etwas gereizt.
Man hats nicht immer leicht mit Gleichgesinnten, wenn man (als einer der wenigsten) denkt, die Gehörlosigkeit ist "das natürlichste auf der Welt"...

lg deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied



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@Luke,
ich glaube, man sollte schon unterscheiden zwischen einem Vorgang,
der in der zivilisierten Welt als Straftat gilt, oder einer Anschauung in
unterschiedlichen Kulturkreisen.

Inzwischen ist auch mehr als bekannt,
dass man vor Gericht hauptsächlich ein Urteil bekommt,
aber nicht unbedingt Recht und Gerechtigkeit.
Dein Sensibilisierungsbeispiel halte ich deshalb nur für sehr bedingt geeignet.

Zitat von Hartmut.
„Es ist auch audistisch, wenn geglaubt oder behauptet wird, dass Probleme,
welche taube Menschen in der hoerenden Welt erfahren,
allein wegen ihrer Taubheit sind. "Na ja, wenn sie nicht taub waeren,
haetten sie diese Probleme nicht!" So zu denken ist Audismus.“


Den meisten Lesern hier habe ich etwas voraus.
Ich habe in meiner Jugend ganz normal gehört, aber heute bin ich wirklich taub.
Deshalb kenne ich beide Welten.

Es ist nur logisch und ganz normal, dass ich früher als Hörender keine
Kommunikationsprobleme hatte. Heute habe ich sie aber ganz massiv!

Und diese Tatsache soll audistisch sein?
Man darf so etwas nicht denken, weil es eine Diskriminierung darstellt?
Man soll so etwas nicht sagen, weil es die Wahrheit ist?

Für mich ist Audismus etwas ganz anderes, aber sicher nicht so,
wie Hartmut es darstellt.

Für mich ist Audismus das bewusste Übergehen und Nichtbeachten von Hörbehinderten als Menschen und Gesprächspartner.


Pyros



Spitzenmitglied



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Aloha Pyros,

Zitat:
Und diese Tatsache soll audistisch sein?


welche "Tatsache" meinst du nun genau? Erst dann kann ich genauer darauf
eingehen, sonst kommt nur falsche Antwort von mir oder wir reden voneinander
vorbei. [sorry]


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



Spitzenmitglied



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@Pyros,
nu, stimmt, du hast Kommunikationsprobleme im Unterschied zu frueher. Ich auch, obwohl ich praktisch nie gehoert habe.

Denk mal, wer macht uns Schwierigkeiten mit Kommunikation?
Auslaender, die nicht Deutsch sprechen koennen, haben gleiche Probleme wie wir. Loesung: Auslaender lernen Deutsch und/oder Dolmetscher werden herangezogen. Dieser Loesungsansatz gilt auch fuer uns.

Wenn Taubheit als Problem deklariert wird, musste die Loesung logisch auf die Behebung der Taubheit liegen, also medizinisch. Aber das ist nicht die Loesung, wenn GS die Sprache tauber Menschen ist. Das Problem ist daher wegen einander unverstaendlichen Sprachen.


Hartmut



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@Lukbo,
lies einfach Hartmut`s Zitat im Pyros` Post nocheinmal,
und kombiniere, was er damit sagen will.

Ich jedenfalls hab verstanden.


@Hartmut,
[umph]

Ausländer können Deutsch lernen, wenn die wollen, die hören ja.
Wir können ASL lernen, wenn wir wollen. Das ist machbar.

Aber wir können - nie - die Lautsprache hören lernen,
ob wir wollen oder nicht. Das geht nicht.

Und das sehe ich als Unterschied

lim



Spitzenmitglied



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Aloha Limette,

ich weiss es aus Diskussionen in der Gleichstellungspolitik, dass die
Definition direkte Diskriminierung ausser Streit steht, aber indirekte
Diskriminierung (hier unbewusste) noch immer zwischen den
Gesellschaftsschichten umstritten ist.


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



Spitzenmitglied
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@Lukbo,
sicher, die unbewusste Diskrimierung gibt es noch überall.

Meinst du etwa

Zitat:
"Na ja, wenn sie nicht taub waeren, haetten sie diese Probleme nicht!" So zu denken ist Audismus.“


so etwas sensibilisiert? [neutral]


Ich für meinen Teil denke, die hd würden da sagen:
Hä, [idiot] , was soll das denn jetzt? Die würden sich selbst sagen:

"Ich hab natürlich Probleme, wenn ich taub wäre, immerhin sind die 99,9% der Bevölkerung hd!"

Und das zieht die Aufmerksamkeit auch wieder weg, wenn ihr mit solch Audismus kommt. Schad drum!


Ich find, Audismus könnte gut sein, wenn man zu der 99,9% hd Gesellschaft sagt:
Zu gl langsamer sprechen, mehr UT, evtl. aufschreiben, und in wichtigen
Fällen eine GSD dazuholen, nicht übergehen und etwas geduld haben.

lim



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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@Lim,

für Spätertaubte ist diese Gedanken schwer verständlich aber für mich nicht.
Ich bin taub geworden, erinnere mich nicht ans hören, warum solls ein Problem sein?

Was würde die Frauen denken wenn man ihnen sagt: Wäre ihr Männer, hättet ihr auf Seefahrt viel mehr können!
Oder wenn man zu Männer sagt, wäre ihr Frauen, hättet ihr echt eure eigene Kinder ausgetragen?

Also für mich ist es schon ein Problem, wenn andere denken, dass ich es leichter, besser, "Keinproblemhaber" wäre, wenn ich nicht gehörlos wäre.

Viele, viele übersehen, dass eine Behinderung nur dann gegeben ist wenn es vorher funktioniert/existent etc. war. Z.B. eine Baustelle auf der Autobahn ist eine Behinderung, in dem Fall ist es passabler: "Hätten wir diese Baustelle nicht, steckten wir nicht im Stau!"
Ich kenne das Hören nicht, also warum soll es mir besser gehen wenn ich hörend wäre? Ich bin gehörlos und lebe mit den Dingen die zur Gehörlosigkeit gehört. Dazu gehört auch alle Hindernisse, Barrikaden, undwasweissich. Die ist kein Problem meiner Gehörlosigkeit und schon gar nicht etwas die ich nicht hätte, wäre ich hörend. Ich gehe soweit ich kann es zu verbessern, andere Wege zu finden und das kann ich auch als Gehörloser.
Drum gilt für mich:
Zitat:
"Na ja, wenn sie nicht taub waeren, haetten sie diese Probleme nicht!" So zu denken ist Audismus.

... als richtig.

Da man gerne extreme Vergleiche macht. Was würde man denken:
"Hätten wir die Juden nicht, hätten wir die Antisemitismusproblem nicht!"
na? [confused]

Aber ehrlich gesagt, das Problem liegt aber auch nicht immer nur bei den Hörenden bzw. Nichtgehörlosen sondern bei den "betroffenen" selber. Minderwertigkeitskomplexe, nicht zurechtkommen mit der Gehörlosigkeit, Hoffnungen/Träume von "Wie-schön-es-wär-wenn-ich-hörend!"-Syndrome und dergleichen. Wer es abstreitet, der ist unehrlich.
Denn: Ich bin ja verrückt, übergeschnappt und was auch immer, wenn ich sage, ich liebe es, dass ich gehörlos bin.

lg deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied



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@Lim,

Zitat:
“ nicht übergehen und etwas geduld haben.

genau!
Hörbehinderte nicht als Menschen 2. Klasse ansehen und behandeln,
das ist für mich das Gegenteil von Audismus.

@Lukbo,
mir geht es im Kern darum, was Audismus ist und was nicht.

Es ist eine Tatsache, dass man als hörbehinderter Mensch
Kommunikationsprobleme hat, die man als normal Hörender nicht hätte.

Der Satz von Hartmut.

"Na ja, wenn sie nicht taub waeren, haetten sie diese Probleme nicht!" ,

ist für mich Realität im täglichen Leben. Es ist ganz einfach die Wahrheit!

Warum soll das audistisch sein? Ich sehe auch keinerlei Diskrimierung darin.

Unbewusste Diskriminierungen sind ein Problem auf vielen Gebieten und Lebensbereichen.
Man macht es sich zu leicht, wenn man immer gleich der anderen Seite die Schuld gibt.

Das ist bequem!
Mit der anderen Seite einen sachlichen Meinungsaustausch in Gang zu bringen,
ist viel schwieriger. Aber umso lohnender.

@Hartmut,

wenn du fragst „wer macht uns Schwierigkeiten mit Kommunikation?“

Dann sag ich, – das Kismet, die Vorsehung ,…

Ich kann die hörenden Menschen um mich herum nicht zur Rechenschaft ziehen,
weil SIE hören und ICH NICHT.

Zitat:

Wenn Taubheit als Problem deklariert wird, musste die Loesung logisch auf die Behebung der Taubheit liegen, also medizinisch.
Aber das ist nicht die Loesung, wenn GS die Sprache tauber Menschen ist. Das Problem ist daher wegen einander unverstaendlichen Sprachen.


Da hast du von der medizinischen Seite her ins Schwarze getroffen! :D
Allerdings denken viele dabei nicht an die GS. [ops]

Das Problem sind nicht die unverständlichen Sprachen, sondern die unterschiedlichen Denkweisen.

Edit: Deafmax, unser Posting hat sich überschnitten [lach] .
Es gilt auch hier- JdS.


Pyros



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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@pyros,
"wenn er nicht so deppert wär, hätte er es leichter"
signalisiert schon Negation.

komm, pyros, es stimmt, wenn man Hörend wäre, hätte man dies und das Probleme nicht. Aber warum akzeptiert man es nicht einfach als Grenzen der Gehörlosigkeit? Warum mehr, warum "hörend wär' "?

Ein Pinguin wär' auch ein schönere Vogel und flöge in der Luft, wenn er gescheite Flügeln hätte [roll] - und das sagt ein flügge Vogel.
Es ist genau dasselbe wie hörend über nichthörend.

Ich kann auch nicht zu Hörende sagen "Wenn ihr gehörlos wär', käme ihr zum Genuss der 180°-Wahrnehmung der Augen oder fühlt die tiefste Stille ohne Hören"!

deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied



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@deafmax,
„wenn das Wörtchen wenn nicht wär“,….
„wenn er nicht so deppert wär“,….

-es gibt viele Schlussfolgerungen auf diese Frage.

Wenn jemand von mir denkt, ich sei ein A***,
werde ich das kaum je erfahren. [roll]

Ich bemerke aber einen deutlichen Unterschied darin,
ob mich jemand als A**** behandelt oder als Mensch!

Denken und Handeln können unterschiedlich sein.
Für mich ist deshalb die Handlungsweise das Entscheidende.

Audistisch denken stört mich weniger, diskriminierend handeln dagegen sehr!

Wir beide denken unterschiedlich über den zitierten Satz.
Wir sitzen aber im gleichen Boot und handeln nicht gegen die GL-Community.


Pyros



Spitzenmitglied



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Limette,
es waere besser, wenn du weiter schreibst, was du verstanden hast. Zu sagen, "ich habe (schon) verstanden", genuegt nicht. Dadurch weisst man genauer, wie weit du verstanden hast. Einige Kommentare von dir zeigen unvollkommenes Erfassen, um was es eigentlich geht.

Dein Einwurf, dass wir nie Lautsprache hoeren lernen koennen, stimmt. Aber das ist nicht der Kern der Probleme, die wir unter Hoerenden haben. Menschen kommen immer mit unterschiedlichen Faehigkeiten, Eigenschaften, Gesundheitszustaenden usw. Sie muessen nicht als "Problem" angesehen werden, sondern als Andersartigkeiten. Die Andersartigkeiten muessen in der Gesellschaft akzeptiert werden und Taubheit soll als Beitrag zur menschlichen Vielfalt von ihr beherzigt werden, wenn Humanitaet und Gerechtigkeit hochwertig in der Gesellschaft geschaetzt werden.

@Pyros and @Limette,
Erfahrungen von Rassismus, Antisemitismus, Sexismus usw. zeigen, dass man jenseits der oberflaechlichen offensichtlichen Diskriminierungen gehen muss. Obwohl sie notwendig sind, genuegt es nicht allein, Rassenschranken abzubauen, Gleichberechtigungsgesetzen und Gleichheitsvorschriften zu erlassen und durchzufuehren, Strafen gegen Verursacher der Diskriminierungen zu verhaengen, usw. Der Geist hinter den diskriminierenden Ismen schwelen weiter und es wird weiter unbewusst diskriminiert. Diese schaedigende Geisteshaltung wird durch Schweigen und Dulden verstaerkt. Sie tritt dann zu Ausschreitungen ueber unter bestimmten gesellschaftlichen und politischen Umstaenden, wie damals gegen die Juden in Deutschland, Polen und Russland, gegen die Turken und Behinderten in Ostdeutschland nicht vor zu langer Zeit. Jede diskriminierende Handlung kommt aus einem bestimmten Ismus.

Pyros, du schreibst von "den unterschiedlichen Denkweisen". Meinst du die audistischen und nicht-audistischen Denkweisen?

Also gilt "Wehret den Anfängen!" in der Bekaempfung von einem Ismus, in unserem Fall Audismus.

Unter dem Schluesselwort Audismus, wird es wichtig sein, verschiedene Manifestationen von Audismus, besonders der unschuldig klingenden Form, kennenzulernen und auf ihre diskriminierende Wirkung zu pruefen. Was mal unbewusst ist, wird bewusst gemacht!

Limette, mit der Nichterwaehnung von Oralismus als eine Manifestation von Audismus, scheinst du zu meinen, dass Oralismus nicht zum Audismus gehoert. Deine Liste, "langsamer sprechen, UT, eventuell schreiben ... Geduld haben", diese genuegen nicht allein.

Unter der audistischen Ansicht, dass etwas hoeren besser sei als nichts zu hoeren, werden taube Kinder zum Tragen des HGs aufgezwungen und dessen Nichttragen bestraft. Das Tragen eines HGs wird auch mancherorts im Fuehrerschein als Pflicht vermerkt, ohne je irgendwelche empirische Studien ueber die Nuetzlichkeit des HG-Tragens durchgefuehrt zu haben. Also langsam sprechen, eventuell schreiben, UT, GSD wenn noetig, nicht uebergehen und Geduld haben genuegen nicht allein.

@Pyros,
Kommunikationsprobleme haben taube Leute nur unter Hoerenden, genauso umgekehrt nichtgebaerdende Hoerende unter uns. Das ist die genauere Beschreibung der Realitaet. Wir ziehen hoerende Menschen nie zur Rechenschaft, weil sie hoeren koennen. Aber umgekehrt werden wir zur Rechenschaft gezogen, weil wir taub sind. Das ist eine andere Manifestation von Audismus.

Das obige Katalog der Massnahmen zur Behebung der Diskriminierungen, wie du und Limette aufgezaehlt haben, sagt schon, dass Hoerende dafuer verantwortlich sind. Sie sind ja in der Macht. Nur sie entscheiden, ob sie zu uns langsam sprechen, GS benutzen, GSD zu beschaffen, UT in Filmen zu erstellen, Gelder fuer unsere Kultur auszugeben, wie sie auch fuer Filme, Musik, Radio und Fernsehen ausgeben, gleiche berufliche und soziale Chancen uns zu geben usw.

@Deafmax,
deine Repliken, wirklich Klasse *thumbs up* und Daumen hoch! (=erstklassig)


Hartmut



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Hartmut:
Ich hab nur einen Tipp gegeben, daß man Pyros zitat und deinen Zitat
im pyros Post kombinieren kann, um das zu verstehen. [nerv]

Erklären könnt ich auch, aber ich denke, es ist besser, wenn er das
evtl. selbst nochmal erklärt.

Zitat:
„Es ist auch audistisch, wenn geglaubt oder behauptet wird, dass Probleme,
welche taube Menschen in der hoerenden Welt erfahren,
allein wegen ihrer Taubheit sind. "Na ja, wenn sie nicht taub waeren,
haetten sie diese Probleme nicht!" So zu denken ist Audismus.“


Ich würde hier sagen, Frag mal eure hd Eltern, die hd Kollegen, die sagen
meistens, die würden ja eh Probleme haben, wenn die taub wären, weil
es ja gerade 99,9 % hd sind. Die meinen es nicht böse, aber das ist halt
nun mal die wahre und grausame Realität. [roll]

Ich weiß das, weil ich ja in einem hd Umfeld aufgewachsen bin.
Die sehen ja ich komm zurecht, aber die würden nicht gl sein wollen.
Und ich weiß halt hier auch, die meinen es nicht bös.

Ob ihr mit dieser Denkweise weiterkommt, kann ich nicht sagen.
Erst wenn ich bei einem Audismus Vortrag hingegangen bin.

Aber ich kann mir vorstellen, daß die hd dabei den Kopf schütteln ....
und teilweise das auch auf Unverständnis stossen.

Daher denke ich, langsamer reden (ich meine hier nicht die GL Lehrer,
die sollen GS können!), die gl so zu nehmen, wie die sind, bei wichtigen
Sachen die GSD-Einsätze, nicht übergehen und Geduld haben etc.

Für mich selbst genügt das und ist auch Gegenteil von Audismus.

Man kann doch nicht von allen Leuten verlangen die GS zu beherrschen.
Ich habe gestern etwas umtauschen wollen, hier genügte es ein Wort zu
sagen. Evtl. gehts auch durch ein eindeutiges Handzeichen, wenn die hd
nicht so blöd sind, verstehen die das. [lach] Braucht man hier GSD? [neutral]

Übrigens:
Alles andere, was mit Audismus zu tun hat, kann ich erst eh auch nach
einem Audismus Vortrag tippen. vielleicht ist ja so, daß ich euch recht
geben muss, *was weiß ich* ;) Denn es ist auch so, daß mir immer noch
nicht klar ist, was "Audismus" bedeutet, und was ihr damit bezwecken wollt. :)

Limette



Zuletzt geändert von snowcat am 15.01.2007, 09:32:17, insgesamt 1-mal geändert.

Spitzenmitglied



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Hartmut,
ich definiere Audismus anders als du.

Für mich ist es die bewusste Benachteiligung hörbehinderter Menschen
im täglichen Leben. Sie ist direkt wahrnehmbar durch eine diskriminierende
Handlung oder Bemerkung.

Ich bin kein Gedankenleser, deshalb ist es mir vollkommen egal,
was einer denkt, so lange daraus keine diskriminierende Handlungsweise entsteht.


Zitat:
Also gilt "Wehret den Anfängen!" in der Bekaempfung von einem Ismus



Dann fang mal gleich an!

Zionismus und Hinduismus sind auch mit „Ismus“ behaftete Begriffe.


Zitat:

[1]Wenn Taubheit als Problem deklariert wird, musste die Loesung logisch auf die Behebung der Taubheit liegen, also medizinisch.


[2]Aber das ist nicht die Loesung, wenn GS die Sprache tauber Menschen ist. Das Problem ist daher wegen einander unverstaendlichen Sprachen.



Ganz einfach: Die Mediziner denken wie [1], die GL-Welt denkt wie [2].

Zitat:

Wir ziehen hoerende Menschen nie zur Rechenschaft, weil sie hoeren koennen.


In deinen Augen sind die Hörenden aber größtenteils Audisten.

Zitat:

Aber umgekehrt werden wir zur Rechenschaft gezogen, weil wir taub sind.


Seltsam, mich hat noch niemand verklagt, weil ich taub bin. :D

Zitat:

Das Tragen eines HGs wird auch mancherorts im Fuehrerschein als Pflicht vermerkt, ohne je irgendwelche empirische Studien ueber die Nuetzlichkeit des HG-Tragens durchgefuehrt zu haben.


Pech für dich! :D Ich bin der lebende Beweis, dass das Tragen eines HG nützt. Als Fußgänger und Radfahrer hätte ich sonst von hinten kommende LKW nicht gehört und nicht mehr ausweichen können.

Zitat:
Das obige Katalog der Massnahmen zur Behebung der Diskriminierungen, wie du und Limette aufgezaehlt haben, sagt schon, dass Hoerende dafuer verantwortlich sind. Sie sind ja in der Macht.



Dein Mister Präsident ist auch an der Macht, mit knapper Mehrheit.

Hörbehinderte machen statistisch gesehen, 1 Promille der
Erdbevölkerung aus. Auf einen GL kommen 999 Hörende.

Nach den demokratischen Spielregeln gibt es immer Minderheiten.

Was du als Maßnahmenkatalog bezeichnest, sind lebensnotwendige
Nadelstiche der Hörbehinderten, um wahrgenommen zu werden.

Schon Mao erkannte, dass man einen Kuchen nur Stück für Stück essen kann.
Daraus leitete er seine Taktik ab.

Was spricht dagegen, es ihm nach zu machen?


Pyros



Spitzenmitglied



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Pyros, Schwarzen werden öfter von Weißen, die die rassistische Einstellung durch
die Erziehung und die religiöse Vorstellung haben, unabsichtlich benachteiligt. Auch
die unbewusste Aktion und Einstellung können rassistisch, sexistisch oder audistisch
sein!



Spitzenmitglied



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Pyros,
oh, come on mit deinen albernen halbverstandenen Einwuerfen und halbgelesenen Zitaten (Raule laesst gruessen!)! Du bezichtigst mich ungerechtfertigt der Extrempositionen, des Entweder-Oder-Denkens, des Alles-oder-Nichts-Denkens, des Alles-auf-einmal-Denkens!

Gut, du definierst den Audismus sehr eng und schliesst Einstellungen aus. Nun, wenn eine diskriminierende Handlungsweise oder Bemerkung entsteht, dann denke mal woher sie kommt?

Du bist nicht in der Literatur ueber die verschiedenen diskriminierenden Ismen bewandert und kennst nicht die Diskussionen darueber. In allen sind Einstellungen und geistige Verfassung wichtig, aus der Diskriminierungen kommen. Man kann sie erkennen (Gedankenlesen ist nicht erforderlich!) und durchleuchten, wie eine bestimmte Diskriminierung entsteht. Ich habe einige Beispiele angegeben und gerade das eine gewaehlt, das herausfordernd klingt (die Betrachtungsweise von Taubheit als das Problem im Leben tauber Personen). Ich erklaere die Betrachtungsweise audistisch, auch wenn Aerzte sie huldigen. Es gibt Aerzte, die sie verurteilen. Sie hat zu verschiedenen Diskriminierungen verleitet, Oralismus darunter. Eine Diskriminierung ist, dass taube Kinder gepresst werden, das Hoergeraet und heute das CI immer zu tragen und nicht abschalten duerfen. Andere Diskriminierungstaten und -Spruechen leiten von diesem Leitmotif ab.

Also muss die Definition von Audismus geistige Haltung einschliessen. Die geistige Haltung ist ja was am Anfang steht. Daher ist es wichtig, sie nicht von der Definition auszuschliessen. Sie wird in einem Sensibilisierung-Training durchleuchtet und besprochen. Das hilft, Zwischenfaelle der Diskriminierungen zu vermindern. Du siehst also, wie der Spruch "Wehret den Anfaengen" eine Rolle spielt zur Verminderung der Diskriminierungen. Da ich von Sensibilisierung spreche, zeigt klar das "Kuchenessen". Dein alberner Einwurf mit dem Mao-Zitat ist hinfaellig.

Dein "Zionismus und Hinduismus" zeigt wieder dein Halblesen! Ich fuege andere unschaedliche Ismen hinzu: Buddhismus, Pazifismus, Egalitarianismus, Kubismus, Klassizismus usw. Du weisst schon, dass diese nicht in meinen Ismen eingeschlossen sind. Ich habe in verschiedenen Postings klar den Ausdruck 'diskriminierenden Ismen' benutzt und ihre bekannten Vertreter aufgezaehlt, die keinen Zweifel hinterlassen kann, dass Hinduismus, usw. nicht gemeint sind. Warum tust du das aber dennoch?! Mit "Zionismus" zeigst du Unwissen. Zionismus ist jetzt diskriminierend gegen die Bewohner von damaligen Palestina geworden. Er ist jetzt eine andere Form von Kolonialismus geworden. Das sagen jetzt viele Juden.

Meine Zeilen ueber das Rechenschaftsziehen von uns und von Hoerenden hast du auch halbverstanden. Du versucht meine Saetze getrennt zu interpretieren. Unter dem Begriff Audismus wird zwar Hoerende zur Rechenschaft gezogen, wenn sie sich audistisch benehmen, nicht weil sie hoeren koennen. Aber umgekehrt wird uns auferlegt, nicht taub sein zu duerfen. Das habe ich mit zwei Beispielen belegt und das eine ist das Beispiel von dem Vermerk von HG im Fuehrerschein. Dein Einwurf von nicht verklagt zu werden ist wirklich saudumm! Und dass ein HG dir hilft, nicht von hinten angefahren zu werden, trifft den Nagel weit daneben. Es geht hier um das Draengen bis Aufzwingen, das HG wegen Unfallvermeidung zu tragen, nicht ob es nuetzt oder nicht. Das HG-Tragen wird nicht kritisiert.

Eine Geschichte wird dir den Audismus hinter HG-Tragen erhellen:
Ein schwerhoeriger Vater kam mit seiner ebenso schwerhoerigen Tochter zur HNO-Klinik in Muenchen. Er hat schon lange aufgehoert, ein HG zu tragen. Aber seine Aussprache laesst einer HNO-Professorin der Klinik erkennen, dass er schwerhoerig sei. Er wurde von ihr heftig beschimpft, wie verantwortungslos er war, das HG nicht zu tragen,und dass er ein schlechtes Vorbild fuer seine Tochter war. Was in ihrem Kopf vorgeht, kann man sehr leicht herauslesen!

Was willst du mit dem letzten Einwurf meines Zitats ueber Massnahmen zur Behebung von Diskriminierungen und Macht der Hoerenden sagen ? Wieso glaubst du, ich habe Kritik geuebt? Ganz bloed mit dem Mister Praesident und Hinweis von Promille Minderheit! Du hast diese Zeilen wieder nur halbgelesen (Raule laesst dich wieder gruessen)! Ich habe nur angedeutet, dass die Verantwortung fuer die spezifischen Massnahmen bei Hoerenden liegt (wer soll langsam sprechen?, wer soll aufschreiben?, wer soll uns nicht uebergehen? usw. Einzige Antwort fuer diese Fragen: Hoerende). Die Verantwortung fuer die Benennung der Massnahmen oder Beschreibung, wo uns der Schuh drueckt, liegt natuerlich bei uns. Das ist ja, was du unter 'Nadelstiche' denkst. (Du liebst ja Nadelstiche!)


Hartmut



Zuletzt geändert von Hartmut am 15.01.2007, 07:48:04, insgesamt 2-mal geändert.

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@Limette,
es ist verstaendlich, wenn ein Hoerender verwundert oder unverstaendlich reagiert auf die Aeusserung, dass das Problem von tauben Menschen nicht von der Taubheit herruehrt, sondern von den Attitueden der Mehrheit in der Gesellschaft. Wenn er ploetzlich taub wird, wird das natuerlich Problem sein. Das Problem liegt in, dass sein Umfeld noch nicht gewappnet ist, auf die Probleme der seeeeehr wenigen Spaetertaubten (ungefaehr eine Promille neben einer Promille von taubgeborenen und im Kindesalter ertaubten) einzugehen. Die Ertaubung ist unvermeidbar und taube Menschen existieren, diese muessen Hoerende anerkennen und akzeptieren, auch wenn sie sehr selten vorkommen. In was dagegen zu tun sei, offenbaren sich die kulturellen Einstellungen zur Taubheit. Es gibt Kulturen, wo Taubheit ein "Normalzustand" ist, und GS als Zweitsprache gut oder schlecht von einem guten Stueck der umgebenden Bevoelkerung gebraucht wird. Spaetertaubten koennen dort sehr schnell ihr Hoerverlust verarbeiten. Beispiele: on Martha Vineyard, in Adamarobe in Ghana, bei den Beduinen in Nordafrika und Israel, in Maya Doerfern in Mexiko, bei den Aborigines in Australien, auf einigen Azores und Cape Verde Inseln, bei den Haussas in Nord-Nigeria.

Taubheit ist natuerlich. Die Reaktion zur Taubheit ist kulturell. Darin liegt ob Audismus in einer Kultur vorherrscht oder nicht. Kein Wunder, dass die Behindertenaktivisten dieses Gedankengut sehr gerne auf ihre Fahnen schreiben.

Etwas zur Geschichte: 1977 reiste eine Behinderten-Beteiligung der Gruenen Partei von Deutschland nach Boston und hoerte ein Vortrag von mir ueber wie wir Taubheit nicht als Problem sehen, sondern die gesellschaftliche Reaktion zur Taubheit. Sie waren davon begeistert. Danach arbeiteten die Behinderten an diesem Konzept und verbreiteten die gesellschaftliche Definition von Behindertsein als Benachteiligung statt Koerperschaedigung und arbeiteten an Entfernen der Behinderungen, usw. Beachte, sie nennen sich nicht 'koerperbehindert' sondern einfach 'behindert', in der Bedeutung von "benachteiligt, von Schranken behindert", nicht als euphemistischer Ersatz von 'koerpergeschaedigt'. Warum muessten bei uns das Wort 'hoerbehindert' als Ersatz von 'hoergeschaedigt', 'schwerhoerig', 'taub' gebraucht werden? Die Behinderung liegt nicht in der Taubheit, sondern in der gesellschaftlichen Reaktion zur Taubheit!

Warum bestehst du auf, dass ich wollte, dass alle Hoerenden GS lernen und dass GSD ueberall bei jeder Gelegenheit eingesetzt werden sollten, auch beim Umtausch eines gekauften Produkts? Du weisst doch, ich habe anderswo schon erwaehnt, dass es genuegt, wenn ein Teil der Hoerenden die Sprache lernten. Ich bin auch in der hoerenden Umfeld in der audistischen Kultur aufgewachsen. Ich weiss genauso wie du gut, wie das ist. Aber ich habe erlebt, wie die Gesellschaft in den USA sich geaendert hat. Ich sehe die gleiche Entwicklung in anderen Laendern, auch in Deutschland. Ich sehe verschiedene gleiche Aber und Aber, die allmaehlich ueberwunden wurden.


Hartmut



Zuletzt geändert von Hartmut am 16.01.2007, 08:04:37, insgesamt 3-mal geändert.

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geloescht, versehentlich doppelt gepostet. Sorry


Hartmut



Spitzenmitglied
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Erstmal deine Frage:

Zitat:
Warum bestehst du auf, dass ich wollte, dass alle Hoerenden GS lernen und dass GSD ueberall bei jeder Gelegenheit eingesetzt werden sollten, auch beim Umtausch eines gekauften Produkts?


Ich schrieb so, weil:

Zitat:
scheinst du zu meinen, dass Oralismus nicht zum Audismus gehoert. Deine Liste, "langsamer sprechen, UT, eventuell schreiben ... Geduld haben", diese genuegen nicht allein.


[lach]
Das erweckt eh den Eindruck, du würdest am liebsten haben,
daß alle die GS können.

Nun.
Der Gesellschaft aufzuklären, was für gl gut ist, und die alles
erreichen können mit GS wie die hd ist ja ok. Nix dagegen.
Aber denen zu sagen, die sei nicht behindert - es sei audistisch
zu glauben, daß Problem allein nur in Taubheit liegen, [roll]

Mal an einem Beispiel:
Ein gl Direktor einer Firma mit z.b. 200 Mitarbeiter wo 99,9 % hd sind.
WIE soll das funktionieren? Mit einer GS-Dolmi? [ops] [roll]

Ein GL kann zwar Boss sein, aber dann eher für GL oder Misch-masch.
Das funktioniert. Boss einer Betrieb wo nur hd arbeiten, da hab ich Zweifel.



€dit:
In Japan z.b. kann ein deutscher Boss auch nur schlecht Direx sein,
wenn er kein Japanisch kann, und das sich alles vom Dolmi übersetzen
lassen muss. Auf Dauer geht das nicht. Da muss er schon Japanisch
lernen, um mit Kunden direkt Kontakt halten zu können. Weil er hört,
kann er Japanisch lernen und reden.

Im Gegensatz zu GL: Ein GL kann aber nicht Lautsprache hören lernen -
und da um Kontakt mit Kunden zu halten, ob wir wollen oder nicht.

Das ist der Knackpunkt, was ich als Unterschied sehe.

Limette



Zuletzt geändert von snowcat am 15.01.2007, 11:02:39, insgesamt 2-mal geändert.

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Hartmut, erlaube eine Frage: Woher weißt Du, dass der Anteil der Spätertaubten an der Bevölkerung lediglich ein Promille beträgt? Nach leider sehr groben Schätzungen, die ich aus Deutschland kenne, gibt es hier etwa 80.000 Gehörlose, das ist ziemlich genau ein Promille. Es gibt aber etwa 200.000 Spätertaubte und ca. 14 Millionen Schwerhörige. Gerade beim Übergang von "an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit" zu "Taubheit" gibt es sicherlich eine gewisse Grauzone, so dass die Zahl der Spätertaubten mit einer gewissen Unsicherheit belastet ist. Mal abgesehen davon zeigt dein letztes Posting, dass Du dich zwar mit den Problemen von gehörlosen Menschen (von Geburt an taub) auskennen magst. Die Realität spätertaubter Erwachsener ist Dir jedoch fremd!

Schön auch Deine Ausage, Taubheit sei natürlich! Auch Pest, Ebola und AIDS sind natürlich, im Sinne von Natur aus vorhanden! Auch der Tod ist Teil der Natur, mithin also natürlich! Erläutere doch mal Deine Ansichten dazu, was Kultur und Natur ist! Interessieren würde mich auch, warum Technik kein Teil der Kultur ist! Warum sollte die Entwicklung und Implantation eines CIs nicht auch eine Kulturleistung sein?

Pnin



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Aloha Pnin,

ich habe nachgeschaut, finde aber kein (angebliches?) Zitat von Hartmut...
Zitat:
dass der Anteil der Spätertaubten an der Bevölkerung lediglich ein Promille beträgt

[Nachtrag]
Habe schon den Nadel im Heu gefunden.. :)


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



Mitglied



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Dann schau mal ins Posting von heute Morgen, halb 6:
Zitat:
[...] der seeeeehr wenigen Spaetertaubten (ungefaehr eine Promille neben einer Promille von taubgeborenen und im Kindesalter ertaubten) einzugehen.


Pnin



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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@Pyros. Gut, habe verstanden ...und respektiere :)

@Lim
Zitat:
Das ist der Knackpunkt, was ich als Unterschied sehe.

Ja, du bist also der Meinung, du würdest Menschen ersparen taub zu sein? Wenn du nein sagst, widersprichst du dann, ...nur damit du es weisst.
Ich dagegen fände nix verwerfliches, wenn ein Mensch taub geboren/aufwachsen wird. Denn es ist für mich nicht nur ein Kultur sondern eine natürliche Existenz. Ähnlich denken auch andere Menschen mit Behinderungen. Allerdings gibts auch wer die dagegen sind, obwohl die dieselben Behinderung haben. Sowas wirds immer geben.
Ich würde andere Gehörlosen Wege und Möglichkeiten zeigen und ihnen unterstützen, dass sie ihren Leben als Natürliches sehen. Mit all den Barrikaden, Hürden und Hindernisse. Aber wie sie damit umgehen, müssen sie sich selbst entscheiden.

Ich kann nicht zazen oder Meditieren wie ein Buddha, aber es ist ähnlich: Findet man sich mit der Taubheit im Einklang, kommst du mit den Gefühle und Körper zu unglaublichen Erkenntisse. Brauchs nich zu erklären.
Jedoch wenn ich weiss dass andere denken mir hätte sich die Taubheit ersparen könnte, ...hat Hartmut recht.
Andere empfinden dafür eben anders.

lg deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



Spitzenmitglied
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@deafmax,
[roll]
Zitat:
Ja, du bist also der Meinung, du würdest Menschen ersparen taub zu sein?


ach mann. Ich hab grad den Eindruck: Du verdrehst meine Worte
komplett. Den Satz das du als Zitat von mir nimmst, ist völlig aus
dem Zusammenhang gerissen ..

1)
Ich weiß nicht wie oft ich das schon schrieb, aber sicher schon x-ten
male: Ich hab kein Problem daß ich nix höre, und deine Meinung, daß
taub nur das wahre ist , repektier ich, und ich versteh es durchaus!
Klingelts? Geht das diesmal bitte in dein Kopf?

2)
Es geht hier darum, und nur das schrieb ich: was hierzulande so läuft,
Ein GL kann derzeit -noch- nicht der Boss einer 200 hd Mitarbeiter Betrieb
sein. Es geht hier nicht um mich, sondern, wie die Umfeld einen gl so
sieht. Irgendwann gehts vielleicht! Aber es ist fraglich, ob ein GSD an der
Seite auf Dauer geht, das weiß ich nicht.

Trenne beides 1 und 2 bitte, was ich die ganze Zeit hier schrieb.

Und ansonsten Jedem das seine.
Lim



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gehörlosenfreak



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@Lim, ja ist klar.
Es ist gerade das:
Zitat:
Ein GL kann derzeit -noch- nicht der Boss einer 200 hd Mitarbeiter Betrieb sein.

In italien gibts einen gl Hotelboss.
Und wenn diese Aussage zutreffend sein müsste, warum sind dann nicht alle hörende Bosse für 200 hd Mitarbeiter? Ach das ist doch uninteressant.
Viel interessanter ist die frage: Warum glaubst du das? Warum traust du einer solchen Bild nicht zu? Weil vielleicht du die Grenzen aus deinem Lebenserfahrung kennst? Könnte sein, dass andere GL durchaus Zeug dazu hätten, Boss für 200hd Mitarbeiter zu sein, weil sie ehrgeizig, zielstrebig, unnachgiebig etc. sind?

Es geht hier um die Frage, was Gehörlosen können. Wenn du dran zweifelst dass Gehörlosen hoch hinaus können, liegt es nahe, lieber nicht gehörlos gewesen zu sein. Also im Sinne: Wenn man nicht gl wäre, hätte man es leichter. Aus dem folgend müsste man jemand sein, der es den Menschen ersparen würde gl zu sein. Egal ob ständig GSD beruflich begleitet oder was auch immer. Hier ist ein Zusammenhang. Und es geht nicht direkt um dich, sondern viele denken auch so. Audismus existiert wohl paradoxerweise bei den Betroffenen selbst...

Entschuldige, mein Denken ist begrenzt, zu erklären was ich meine. Das ist besonders für einen schwer, der im Leben kein Problem der GL-sein sieht.

lg deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



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@deafmax,
vorher ging aber um taub-sein - und jetzt doch um das?!
Was soll ich davon halten?

Und bitte, trenne beides! Ich schrieb von der Kommunikation untereinander!

Denn du unterstellst mir hier auch wieder was.
tja, ich hab nie geschrieben, daß ein gl nicht boss sein kann. Nur gesagt,
daß ein gl dort Boss sein kann, wenn die Angestellten auch gl sind, einfach
leichter als bei hd.

Ich hab nur was von Zweifel geschrieben, und daß derzeit es noch nicht
so ist, und irgendwann mal vielleicht. Und ich nicht weiß, ob eine GSD an
der Seite auf Dauer geht. Sicher, die Mitarbeiter könnten GS lernen, aber
eigentlich ist so, daß bei 1 Promille tauben eher die Barrieren hat.

Margarete Steiff saß auch im Rollstuhl, und hat Karriere mit ihren Steiff
Bärchen gemacht. Aber die konnte reden und auch mit ihren hd Mitarbeitern.

Irgendwann gibts sicher - gl als Boss in einer Firma... wie das aber
aussieht, weiß ich echt nicht - und das geb ich zu. [roll]

lim



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@Lim,
werden wir *bitte* nicht feinde. Ich kann manchmal nicht anders [schäm] [smiliesorry]
Zitat:
vorher ging aber um taub-sein - und jetzt doch um das?!

Ich denfiniere Diskriminierung Taubsein gegenüber in jedem Handeln, wo man Fähigkeiten abspricht, egal ob es mit GL-Sein zu tun hat, was GL machen und können.

Vielleicht bin ich der, der sich nicht richtig ausdrücken kann. In einem Forum werde ich indirekt wegen meiner grammatikalischen Probleme "diskriminiert", aber ich bin mir nicht sicher ob der gegenüber, weiss ob ich gl bin, denn nenne mich ja nur deafmax. Aber ob das Audismus ist oder nur schlechte Charakter ist weiss ich nicht. Jedoch wenn er wissend dass ich gl bin so schreibt, wäre es für mich "Audismus".
(Zufall dass es so passiert, vielleicht poste ich es hierher)

lg deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



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@deafmax,
[confused] schon ok, vergessen wir`s.
Und Feinde werden das will ich auch gar nicht :)

Denn ich bin wohl diejenige die nicht weiß und vorstellen kann,
wie ein gl ein boss in ner 200 angestellten Firma sein kann. ;)

Du siehst darin wohl keine Probleme, wo ich Probleme sehe.

Evtl hast recht, *Was weiß ich*. Die Zukunft wird es zeigen ;)

lim



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@Limette,
leider auch unter Gehörlosen wie zum Beispiel hier herrscht das Audismus-Denken, und zwar à la Krabbentheorie, tja … [ops]

Wenn ein/e Gehörlose/r mir sagt, er/sie will eine Firma mit 200 Angestellten gründen (was DOCH möglich ist; warum sollte es kommunikativ bedingt nicht möglich sein?), wünsche ich ihr/ihm dann viel Erfolg und Glück. Ja, das sage ich einfach so, sonst werde ich als Negativ-Denker, Pessimist oder sogar Audismus-Denker abgestempelt. Ja, es gibt risikofreudige Gehörlose (das bin ich leider nicht). Wenn Gehörlose Mut und Erfindungsgeist haben, bitte schön. :)

Gehörloser Boss einer großen Firma könnte ja auch eine/n „Leibdolmetscher/in“ leisten, eine/n gebärdensrachkompetente/n Sekretär/in suchen, sogar nur gebärdensprachige Arbeitsnehmer verlangen oder nur gehörlose Arbeitsnehmer. Dann wäre dieser gl Boss ein Anti-Audist oder Deafist … hm (Deafismus ist das Gegenteil von Audismus). Ja, hier im gl-cafe gibt es genügend Deafisten … ja, auch hörende Deafisten … [british]


„Das Universum denkt mit der Hand.“ (Fise)



Spitzenmitglied



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@bengi,

Elternhaus und Landeskultur prägen sehr stark die moralische Einstellung eines Menschen.
Unbewusste Handlungen orientieren sich an dieser Vorgabe. Jede Familie, jeder Kulturkreis,
jedes Volk hat seine eigene Wertevorstellung, die manchmal auf überliefertes Sippen-und Kastendenken beruht.
Wo ist die Toleranzgrenze gegenüber solchen Einstellungen?
Es dauert oft Generationen, bis sich manche radikale Wertevorstellungen (vielleicht) ändern.


@Hartmut,

Maos Kuchentheorie scheint dir im Hals stecken geblieben zu sein.
Jedenfalls hast du gar nicht kapiert, was ich damit sagen wollte.

Bei Seiner Audislaucht dreht sich eben fast alles nur um ~ismus.
Immer nur durch die linguistische Brille sehen zu wollen, lässt die Würde des Menschen außer Acht.

Du musst schon spirituelle Fähigkeiten haben,
wenn du die geistige Haltung eines Menschen erkennen willst, ohne dass dieser sich irgendwie äußert.
Auch das geschriebene bzw. gesprochene Wort ist schon eine Handlung.


Wie nett, du zitierst Ralf Raule mit seinem Werbeslogan.
Dafür hat der hier so manche verbale Prügel einstecken müssen.
Demnach kann ich also nicht lesen, grins…

Sag mer´s mal so rum, ich brauche nicht lesen, nämlich
Bedeutungs-Wörterbücher und so ähnliches, weil ich sie im Kopf habe.
Vielleicht nicht alles, aber beim Formulieren eines Genitiv- oder
Dativsatzes muss ich sicher nicht nachschlagen.

Der Unterschied zwischen uns beiden ist der:

Du schiebst die Verantwortung für spezifische Maßnahmen
im Umgang mit Hörbehinderten den anderen 999 Promille der Menschheit zu,
den Hörenden! (langsam sprechen, aufschreiben, nicht übergehen usw.).

Das ist passives Nichtstun.

Ich fordere dieses Verhalten ein, höflich und bestimmt.

Das ist aktives, selbstbestimmendes Leben.


Pyros



Spitzenmitglied



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@Pnin,
wir brauchen nicht ueber die Haeufigkeitsrate der Spaetertaubten zu streiten. Schaetzungen sind immer problematisch. Ich bestehe nicht darauf, dass meine Angabe richtig sei. Deine Schaetzung mag stimmen. Ich nahm meine "Extrapromille" von der Zaehlung von 1980, welche die US National Association of the Deaf durchfuehrte. Die Ein-Promille-Rate von DGB ist immer auf die Schulbevoelkerung basiert, weil die Schuelerzahlen leichter erfasst werden koennen, so auch in den USA. Es kann stimmen, dass es mehr als eine Promille Spaetertauben gibt, wenn man an diejenigen, die nach dem 40. Lebensjahr ertaubten, denkt. Danke fuer diesen Hinweis, nichtsdestoweniger!

Wir konzentrieren hier ueber die Taubheit und Audismus hier. Es handelt sich hier um wie eine Kultur zur Taubheit reagiert. Dein Einwurf zeigt, du hast meine Zeile ueber Natur und Kultur auch halbgelesen. Pest. Ebola, AIDS, Tod und CI sind ganz ausserhalb der Debatte und vollkommen unwichtig hier. Hauptpunkt hier ist die gesellschaftliche Reaktion zur Taubheit: Akzeptanz vs. Audismus, wie manifestiert in verschiedenen Kulturen der Welt.

@Limette,
danke fuer die Erklaerung, woher du von mir "alle Hoerende lernen GS" bekommen hast. Das gibt mir Gelegenheit zur Berichtigung.

Ich diskutierte dort, ob unbewusste Diskriminierungen in die Definition von Audismus hineingehoere oder nicht (Pyros moechte Audsismus nur auf offensichtlichen Diskriminierungen beschraenken). Dass "'langsamer sprechen, UT, aufschreiben ... Geduld haben' nicht allein genuegen'" bezieht auf diesen Punkt. Ausser Debatte steht, dass man sie immer wieder auffordern soll. Was mehr getan werden sollte, sehe ich, ist, man sollte auch auf die geistigen unbewussten Diskriminierungen eingehen.

Es erfordert einen Paradigmenwechsel im Denken, dass das Problem der Taubheit nicht in der Taubheit liegt, sondern in der gesellschaftlichen Reaktion zur Taubheit. Das Denkmuster, an das man gewohnt zu denken ist oder was die umgebende Kultur vorgibt, muss umgekrempelt werden, um verschiedene Tatsachen und Einsichten gerecht zu werden. Ich kann mir hier darueber wundschreiben. Genuegt hier nur stattdessen hinzuweisen, dass andere Kulturen eine positivere Einstellung zur Taubheit haben und wo taube Menschen in diese Kulturen viel besser integriert sind.

Das Denkmodell hinter dem Begriff Audismus ist, dass gerade der Audismus tauben Menschen die Integration in der Gesellschaft hindert und wo dort kein Audismus vorherrscht, taube Menschen besser in der Gesellschaft integriert wuerden. Meine Aufzaehlung der Kulturen oben, wo das geschieht, belegt das.

Wenn das geschieht, kann es taube Bosse mit 200 hoerenden Beschaeftigten geben, weil GS in der Kultur eine Zweitsprache ist und viele diese Sprache koennen.


Hartmut



Spitzenmitglied



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@Pyros,
denkste, dass man Toleranz auf diskriminierendes Denken und Ungleichhandlungen ausueben sollte, wenn sie in der Kultur vorgegeben sind? (in deiner Antwort an bengie).

Die kulturellen Veraenderungen betreffend der Taubheit haben schon in den USA eingetroffen und haben schon in Deutschland angefangen. Wir wollen dies nur kraeftig vorantreiben. Das Verstehen von Audismus hilft.

Sag doch mal, was du mit dem Maoischen Kuchen zu sagen wolltest. Du hast mir doch implizit vorgeworfen, den metaphorischen Kuchen aufeinmal essen zu wollen. Daraufhin habe ich geantwortet.

Wieder hast du meine -ismen nicht begriffen. Eine Zusammenfassung von Praktiken, Ansichten usw. wird gewoehnlich mit einem -ismus benannt. Wenn passend, wird der Ismus mit anderen Ismen verbunden, wenn sie gemeinsame Eigenschaften vorweisen. Deswegen habe ich Audismus mit Rassismus, Sexismus, Antisemitismus usw. verbunden, weil sie viele Gemeinsamkeiten haben. Da wirfst du "Zionismus und Hinduismus" hinein! Dein Einwurf ist wirklich bloede!!!

Ich muss annehmen, du hast das (nicht nur bei diesem, sondern auch bei anderen) boeswillig gemacht, da du schon weisst, dass solche unschuldige Ismen nicht unter 'diskriminierenden Ismen' fallen, aber dennoch den Unsinn hineinwirfst.

Was wafelst du ueber die Wuerde des Menschen?! Du bist ja das beste Beispiel von einem, der die Menschenwuerde missachtet! Deine Postings sind oft voll von Beleidigungen, Sticheleien und mich erniedrigenden Bemerkungen. Selten sachlich! Beleidigungen oder Sticheleien folgen immer eins nach dem anderen, was ich vormals als Tirade charakterisiert habe. Das Gleiche habe ich dir in meinen frueheren Postings nicht gegeben. Ich war immer sachlich auf deine Repliken eingegangen, auch wenn sie verletzend waren.

Wozu musst du mit deinem Nicht-Nachschlagen-in-Woerterbuechern protzen? Deutsch ist deine Muttersprache und ich nehme deine Hinweise zu meinem fehlerhaften Deutsch gerne zur Kentnis, wofuer ich dich immer gedankt habe. In anderen Threads gebe ich freimuetig an, dass ich immer Woerterbuecher nachschlage, um anderen Deutsch-Nicht-Muttersprachlern das geduldige Nachschlagen zu ermuntern. Und du spottest darueber! Wie wuerdevoll du dich zeigst!!!

Deine Replik ueber das Verantwortungsschieben zeigt wieder dein Halblesen (Raule laesst dich wieder gruessen!). Oben habe ich schon klar gesagt, worin unsere Verantwortung liegt (15.1 unten). Du folgerst unlogischerweise und ungerechtfertigt, dass ich fuer ein passives Nichtstun eintrete.


Hartmut



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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Hartmut, ich finds ok wenn du in deiner Art etwas zu erklären versuchst. Auch mit meiner Einstellung wäre ich bei Pyros oder Pnin nicht gut Kirschen essen, aber du musst Rücksicht darauf nehmen, dass andere Menschen eben ihre andere Lebensweise haben und daraus folgende Handlungen erleben die dazu führen, dass sie anders sehen und verstehen, als Menschen wie zum Beispiel wir.
Es ist bekannt, dass spätertaubten Hang dazu haben Menschen, die meinen Gehörlosigkeit sei Gottesgeschenk oder erworbenes, auf den Arm zu nehmen. Vor allem wenn man so verteidigt wie du. Ich habe schon mal einen "Freund" dadurch verloren. Menschen sehen es einfach Dinge anders. Man kann seinen Standpunkt und Meinung erklären, aber nicht erwarten, dass man mit einem einer Meinung ist.

Z.B.
Zitat:
Wir wollen dies nur kraeftig vorantreiben.
Pyros könnte empfinden, dass er zu diesem "wir" dazugehört, aber nicht deiner Meinung ist.

@pyros, offen gestanden finde ich deine Ironie amüsant :D Aber etwas Mäßigung wäre angebracht. Ich erinnere mich an die Fehden zwischen Schwerhörigen und Gehörlosen. Da aber waren Boshaftkeiten dabei, wobei die SH gerne GL stichelten, wenn dieser nicht kompetent Antworten können. Ich sehe hier ein ähnlichen Fall, weil Hartmut schon ziemlich starken amerikanischen Moral hat, die hier nicht immer Anklang findet. Sowohl moralisch als auch sprachlich, ...bei letztere weisst du was ich meine.
Ich sags nur, weil ich vermeiden möchte, dass Eindruck entsteht, die Gehörlosen bzw. Schwerhörigen können nicht in der Gesellschaft an einem Strang ziehen. Das ist zwar weit hergeholt, aber ich erlebe auch nicht immer Toleranz, wenn man weiss dass für mich die Gehörlosigkeit etwas natürliches ist. Für mich ist es so, anderes zu behaupten, wäre wie Rassismus ...eben den Audismus - Soviel ich Hartmuts Erläuterung darüber verstehe.

Audismus a la Hartmut kann eine radikale Form sein. Ich denke, man kann auch Audismus anders definieren, damit es nicht gleich Diskriminierung ist, wenn man unabsichtlich oder unbewusst diskriminiert.

lg deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



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@Hans Busch,
ja, mir ist im nachhinein klar geworden, daß ich mich hier auf viel zu
dünnem Eis bewege, [neutral] Das Thema ist auch brisant....

Und allen GL die ein Betrieb führen will, wünsche ich viel, viel Glück. :)

Krabbentheorie, irgendwo war doch mal ein Thread, finde es gerade nicht wieder :(


@Hartmut,
Audismus hin u. her!

Wenn derzeit so ist, zuwenig GSD dann hat man für Berufsleben im
Meetings sowieso ein Problem wenn man taub ist. Das ist die Realität.

Wir tippen in 10 Jahren darüber, wenn der Thread noch existiert, und ich
überall GSD krieg, wo ich den brauch, aber sicher nicht u.a. beim Umtauschen. ;)

Lim



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Aloha Limette,

über die "Krabbentheorie" kann man ein Beispiel von Peter Schick (Visual
Hands Berlin) nachlesen:

http://www.taubenschlag.de/SSH/1119.htm (letzter Absatz)
Zitat:
Es gibt jede Menge Leute, die mich immer wieder fragen: „Schaffst du das mit
VISUAL HANDS?“ Oder: „Warte ab, nach einem Jahr gehst du bestimmt
pleite!“ Es ist schade, dass viele Gehörlose so denken! Du kennst doch auch
die „Krabbentheorie“! Aus Neid gönnt man anderen den Erfolg nicht. Selten
kommen Komplimente wie „Toll, ich freue mich für dich!“


Gallaudet Universität schreibt auch etwas über "crab theory":
http://library.gallaudet.edu/dr/faq-crab.html


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



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@Limette,
nein, du hast dich bisher überall mutig bewegt. Deine Neutralität, vor allem deine Sachlichkeit und auch dein realitätsbezogenes Denken sind hier groß geschrieben. Herzliche Gratulation! Ein Bisschen Bremserei soll weg sein. Dafür soll es Anfeuern sein. Auch ich muss hier noch üben … hm … aber auf jeden Fall OHNE übertriebene Deafpride-Brille, gell!

Aber diese Brille ist gegen täglichen Audismus auch gut. :D


„Das Universum denkt mit der Hand.“ (Fise)



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@Lukbo,
thx.

@Hans Busch,
[schäm] danke ...

Lim



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Die Diskussion über Audismus ist ja aktuell seit der inzwischen erfolgreich beendeten Gallaudet-Krise. Ein großer Respekt an Hartmut, dass er hier dazu beiträgt, mehr über Audismus bekannt zu machen!

Audismus ist jetzt für andere Länder auch interessant und diskutiert worden. Es sollen mehr Informationen verarbeitet werden, damit wir auch in Deutschland zu besserem Verständnis und besserer Verständigung kommen. Es ist daher sinnvoll, auch in internationalen Homepagen mit Gebärdensprachfilmen ab und zu schauen!

In einer Reportage über Audismus in einer norwegischen Homepage vom Mitte November letzten Jahres
http://www.tegnwebben.no/?pid=1130&aid=575&offset=0
hat Hilde Hauland, Sprach- oder Kulturwissenschaftlerin, derzeit an der Gallaudet-Universität, die drei Ebenen des Audismus ab der 6. Minute erklärt:
1. Persönlicher Audismus, z.B. in der Familie, wenn die Gehörlosen auf Nachfragen mit geringen Informationen abgespeist werden
2. Insitutioneller Audismus, z.B. in Schulen, Firmen - Der Gehörlose muss sprechen, damit er schlau ist und besser als andere ist. Die Ablehnung der Gebärdensprache in der schulischen Bildung und Förderung gehört dazu. Oder bessere Jobs in Firmen, wenn die Gehörlose auch dazu geeignet sind.
3. Alltäglicher/Gesellschaftlicher Audismus
Eingeschränkter Zugang zu Veranstaltungen, Kommunikationsservicen, geringe Verfügbarkeit der Dolmetscher usw.
Es ist auch nicht hier immer böswillig gemeint, aber es führt zu schleichender Ausgrenzung der Gehörlosen aus der Gesellschaft und den Informationsdefiziten. So sind die Aussagen von Hilde Hauland!

Übrigens, die Krabbentheorie ist langsam out und wird überarbeitet. Es wird da übersehen, dass die Unterdrückung der Gehörlosen von der Gesellschaft (hier Audismus) zur Unterdrückung der Gehörlosen/Hörgeschädigten miteinander geführt hat. Die Konzeption Deafhood von Paddy Ladd in seinem Buch vom 2003 hat das aufgezeigt. Das war auch ein wichtiger Beitrag für die erfolgreiche Beendigung der Gallaudet-Krise.

So kann die Gallaudet wieder optimistisch in die Zukunft gehen, siehe die Neujahrsgrüsse von Davila, neuem Präsident, in der Gallaudet-Homepage.

Helmut



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Oralismus, Deafpower, Krabbentheorie, Deafpride, Paternalismus, Deafhood, Audismus

[ops] Es gibt seit 80er unter uns immer wieder neues Schlagwort bzw. Zauberwort – mal negativ und mal positiv. Was kommt nach Audismus? Auffallend ist es, dass bei uns die „…ismus“-Endungen immer mit Negativ zu tun haben … hm … und alle Wörter mit „Präfixen“ „Deaf…“ ein Zauberwort sind.

@Voghel,
wenn Gehörlose in der hörenden Familie am Esstisch auf Nachfragen mit stark abgekürzten Informationen abgespeist werden, ist das ein persönlicher Audismus der hörenden Familienmitglieder??? (Auch ich selbst bin in die hörenden Familie hinein geboren … uff …)
Nein, das ist kein gewollter Audismus. Auch keine Faulheit! Jeder (jedes Familienmitglied) hat Recht auf sein eigenes Leben, ja, auf seine Bequemheit, tja …

Ein anderes Beispiel dafür, und zwar als Gegenteil: Inzwischen ist meine Mutter die einzige Hörende in meiner gehörlosen Familie (alle sechs Gehörlosen). Meine Mutter ist an unserem Esstisch auch immer abgespeist. Bestimmt keine Absicht, sondern unsere Bequemheit per Gebärdensprache untereinander. Einfach unser eignes Leben. Also auch kein gewollter „Deafismus“.

Wenn meine Mutter immer wieder sagt: „Warum sprecht ihr alle ohne Stimme?“, ist das leider ihr persönlicher und eingefleischter Audismus … hm …

Die „Krabbentheorie“ unter uns, den Gehörlosen, soll nicht zu überarbeiten sein, sondern ganz zu beseitigen! :)


„Das Universum denkt mit der Hand.“ (Fise)



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@Hartmut: Es scheint eine neue Masche in der Debatte zu sein, anderen zunächst einmal etwas zu unterstellen ("Du hast nicht verstanden!", "Du hast nicht gelesen!", "Du streitest über ....") bevor man sich argumentativ mit den Argumenten auseinandersetzt. Meist ist diese dann aber recht dünn. Dein letztes Posting gibt hiervon wieder beredtes Zeugnis.

Es beginnt damit, dass Du mir vorwirfst, ich wolle über die Zahl streiten. Will ich doch gar nicht! Es sind nun mal leider nur recht grobe Schätzungen greifbar und es hätte ja tatsächlich sein können, dass Du für die USA andere, vielleicht bessere Zahlen hast. Ich wollte daher wissen, woher Du Deine Zahlen hast - nicht mehr und nicht weniger.

Nun zur Argumentation etwas (insbesondere Taubheit) sei natürlich. Auch hier das gleiche Muster: Zunächst wird dem anderen vorgeworfen, etwas nicht gelesen oder verstanden zu haben, um danach letztlich nicht weiter auf die aufgeworfenen Fragen einzugehen. Meine Fragen an Dich lauteten, ich wiederhole sie einfach mal:
Zitat:
Schön auch Deine Ausage, Taubheit sei natürlich! Auch Pest, Ebola und AIDS sind natürlich, im Sinne von Natur aus vorhanden! Auch der Tod ist Teil der Natur, mithin also natürlich! Erläutere doch mal Deine Ansichten dazu, was Kultur und Natur ist! Interessieren würde mich auch, warum Technik kein Teil der Kultur ist! Warum sollte die Entwicklung und Implantation eines CIs nicht auch eine Kulturleistung sein?


Sie beziehen sich auf Deine mehrfach in diesem Thread geäußerte Meinung, Taubheit sei "natürlich, wie der Baum grün ist".

Klopfen wir Dein Argument etwas auf seine Richtigkeit ab, denn es wird gerne und oft gebraucht, weil man damit ein romantisch verklärtes Bild der Natur heraufbeschwört: Hier die reine, ungestörte, gute Natur - auf der anderen Seite eine durch den Menschen und die Technik veränderte, aus dem Gleichgewicht gebrachte Welt - Betonwüsten statt satter Wälder. Deswegen habe ich Dich ja explizit gefragt, was Du unter Kultur und Natur verstehst, bevor wir darüber weiter debattieren. Ich habe Dich auch gefragt, warum - zumindest verstehe ich das so - nur die Gebärdensprache eine "kulturelle Reaktion" auf Taubheit sei und das CI nicht?

Fakt ist jedoch, dass Du z.B. Naturlandschaften in Europa kaum noch finden wirst. Überall hat der Mensch schon mehr oder weniger schwerwiegend eingegriffen. Wünscht man sich Deutschland in seinen "natürlichen" Zustand zurück, so müssten hier überall tiefe Wälder sein. Der Naturschutz trägt diesem inzwischen Rechnung. Man kann also festhalten, dass es für den Menschen keine "reine" Natur mehr gibt, seit er von den Bäumen kletterte und begann sein Großhirn dafür zu verwenden, seine Umwelt zu gestalten, sie zu verändern, sie nach seinem Willen und Vorstellung zu verändern (spätestens also, als er begann Ackerbau und Viehzucht zu betreiben).

Ferner - auch hier bleibst Du eine Antwort schuldig - sind Ebola- und HIV-Viren ebenso natürlich wie der Erreger der Pest, der Grippe oder was auch immer. Keiner käme jedoch ernsthaft auf die Idee, nichts gegen diese Krankheiten zu unternehmen. Worauf willst Du also hinaus mit Deinem Hinweis, "Taubheit" sei natürlich? Mir ist schon klar, dass es Dir darum geht, Taubheit zu akzeptieren. Nur ist Dein Argument, Taubheit sei natürlich, denkbar ungeeignet. Taubheit wird verursacht durch den Ausfall der Haarzellen, des Hörnervs oder ähnliches. Du kommst schlichtweg nicht an der Tatsache vorbei, dass bei einem tauben Menschen etwas nicht funktioniert, was bei 99,97% der Menschheit funktioniert. Anders formuliert: Von der Natur ist es eigentlich vorgesehen, dass der Mensch hören könnte, genauso wie er eigentlich auf zwei Beinen geht, mit zwei Augen sieht etc. pp. In diesem Sinne sind dies alles natürliche Fähigkeiten, weil sie sich im Laufe des evolutionären Anpassungsprozesses herausgebildet haben. Ich würde im Umkehrschluss nun nicht sagen, dass Taubheit "unnatürlich" oder gar "wiedernatürlich" sei, genauso wenig wie es Blindheit, Querschnittlähmung etc. sind. Ich halte den Begriff schlichtweg für unpassend, für romantisch verklärtes, pseudo-wissenschaftliches Geschwafel - um Deinen Vorwurf an Pyros mal aufzunehmen.

Wenn Du also für gesellschaftliche Akzeptanz tauber Menschen streitest, was ja nicht verkehrt ist, so musst Du Dir meines Erachtens bessere Argumente ausdenken.

Pnin



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Aloha Hans Busch,
Zitat:
Nein, das ist kein gewollter Audismus.

was ist es dann deiner Ansicht nach? Wenn es nicht gewollt war, dann also
unbewusst? Übrigens: auch ich bin in einer hörenden Familie aufgewachsen
und weiss wie es ist, ab und zu von Familienmitgliedern "abgespeist" zu werden.
Es bedeutet auch eine Minderung der Lebensqualität und daher nicht
richtig, wenn man Informationen verkürzt oder "zensiert" erhält.

Ähnlich aber doch, zwar hat es mit der Familie nicht zu tun, machten auch
Fernsehsender, indem sie Untertitel so drastisch verkürzt wiedergaben,
weil ehemalige Taubstummenoberlehrer der Meinung waren, man solle
Gehörlose nicht zu sehr "anstrengen".

Für mich ist ein feiner Unterschied, entweder gar keine Informationen zu
bekommen (wenn man die Gebärdensprache wie deine Mutter überhaupt
nicht versteht) oder Informationen zwar verstehen kann, aber nur
bruchstückhaftweise abgespeist wird.


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



gehörlosenfreak
gehörlosenfreak



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Zitat:
Ein anderes Beispiel dafür, und zwar als Gegenteil: Inzwischen ist meine Mutter die einzige Hörende in meiner gehörlosen Familie (alle sechs Gehörlosen). Meine Mutter ist an unserem Esstisch auch immer abgespeist. Bestimmt keine Absicht, sondern unsere Bequemheit per Gebärdensprache untereinander. Einfach unser eignes Leben. Also auch kein gewollter „Deafismus“.

Gutes Beispiel: Aus dem Grunde bin ich gegen jede Radikalismus.
Gleichberechtigung ja aber mit Toleranz auch wenn es nicht leicht ist.

@Voghel
Audismus kann ein langsam einprägendes Wort werden, aber diese auch mit radikale Formen zu werben bringt wenig.
Beispiel ist bei Rassismus - in Wikipedia steht:
wikipedia hat geschrieben:
Eine klare Abgrenzung des Rassismusbegriffes ist schwierig. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass verschiedene politische und religiöse Gruppen seine Grenzen stark erweitern, und sich auch gegenseitig Rassismus vorwerfen.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Rassismus# ... imensionen

Mit "Audismus" kann man gleichen Gefahr laufen, wenn man versucht die Definition Grenzen zu geben. Im Allgemeinen kann z.B. eine Verweigerung der LehrerIn GS an GL zu unterrichten als Audismus sehen, nicht aber wie das Beispiel Hans Busch zeigt, Formen die vorkommen kann aber nicht mit bösem Absicht gemacht wird. Man kann gegen letztere mit Informationskampagnen bekämpfen, aber gleich Audismus vorzuwerfen ist schon sehr gewagt. Ich werfe meine all hörende Familienmitglieder auch nicht gleich Audismus vor, wenn sie so verhalten dass ich nichts mitbekomme. Es ist einfach ein Teil der Gehörlosenleben. (Ich bin überzeugt im Prinzip wie die Energieerhaltungsgesetz: Für + gibts auch -
Also erlebe ich trotz vielen - auch viel gute + , man muss es nur wissen :) )

@Lukbo, mit dem Fernsehen hast du recht, nicht aber in der Familie. Wenn da die Mehrzahl hd sind und einer gl ist, kann man versuchen so weit es geht den GL miteinzubeziehen. Das erlebe ich und finde es voll ok, auch wenn ich nicht "100%" verstehe. Weiters glaubst etwa dass auch unter hörenden wer wen versteht? ha, ich habe dank meiner Taubheit beobachten können, dass auch oft gleichzeitig gesprochen wird ohne den anderen zu verstehen. Und selbst auf der Frage, was der da sagte, ist auch vorgekommen, "ähm, ...ach der redet nur von irgendwas" und wenn ichs unbedingt wissen will, fragt der extra nochmal den Familienmitglied. hörend zu sein heisst auch nicht immer, dass man immer zuhört.

lg deafmax


---
Ich bin taub, ergo bin ich.



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Aloha deafmax,

so wie beide + und - voll gegenwärtig sind, gibt es nicht nur + sondern auch
negative Erlebnisse von alleinstehenden Gehörlosen in rein hörenden Familien.
Mich würde interessieren, was du über die "Lebensituationen/Familien" im
2. Diskriminierungsbuch denkst. Negative Berichte in "Lebensituationen"
kommen natürlich ebenfalls vor, diese sind keine erlebte Diskriminierungen,
aber auch nicht richtig und müssen so nicht akzeptiert werden.
Es kommt auf die jeweilige Situation an und MUSS nicht für ALLE Familien-
geschichten gelten.
http://www.oeglb.at/netbuilder/docs/dis ... t_2005.pdf


--
Wir sind die Mundfaulen. Na und? :D



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@ Lukbo,

ich habe diesen Diskriminierungsbericht mit großem Interesse gelesen.
Eine wirklich sehr gute Darstellung von Sachverhalten.

Einige Erzählungen haben mich richtig betroffen gemacht. Man fragt sich, gibt´s denn solche Vorfälle heute wirklich noch?

Andererseits habe ich im Berufsleben manche Dinge in ähnlicher Form auch selbst erlebt.

Und noch etwas fiel mir auf, es kommt kein einziges Wort darin vor,
welches mit "ismus" endet.

greetings

Pyros




 [Diskussion] Was ist Audismus





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