@Bengie: Sorry für die etwas späte Antwort ... die Feiertage
Zunächst einmal hat Birgit mit Ihrer kritischen Anmerkung recht, dass es wenig hilfreich ist, immer neue Begriffe aus immer weiter entfernten Fachgebieten in die Diskussion zu werfen. Im Grunde ist das, was Du als "Vorbewusstsein" beschreibst nichts anderes als Vorurteile. Vorurteile sind aber nicht mit Ideologie gleichzusetzen.
Du behauptest dann:
Zitat:
Alle reagieren ganz gleich auf eine Auseinandersetzung mit einer Thematik wie z.B. Taubheit. Solche gleiche Reaktion stammt von der Verinnerlichung der Ideologie
Dazu möchte ich anmerken, dass ich bereits den ersten Teil bezweifeln möchte. Ich habe - im Bezug auf meine Taubheit - sehr unterschiedliche Reaktionen erlebt - von Hilflosigkeit über Desinteresse bis zu regen Interesse und Anteilnahme und einer herzerfrischenden Form von Pragmatismus. Aber nehmen wir für einen Moment an, Deine Behauptung sei richtig, so habe ich doch ganz erhebliche Zweifel, dass Deine Schlussfolgerung richtig ist, nämlich dass dies auf Grund einer irgendwie (unbewusst oder vorbewusst) verinnerlichten Ideologie geschehen sei. Wann und wo soll diese Ideologie verinnerlicht werden? Glaubst Du wirklich, dass den Kindern am Mittagstisch eingeimpft wird, dass wer nicht hören könne auch geistig unterbelichtet sei? Oder werden in der Werbung und den Tagesthemen geheime Botschaften ausgesendet, die dies suggerieren?
Du behauptest:
Zitat:
Alle Menschen verhalten sich gleich bei einer Begegnung mit Taube und haben deswegen die audistische Ideologie verinnerlicht.
- Starker Tobak! Wie schon geschrieben, finde ich es weder beweisbar noch richtig noch mit meiner Erfahrung übereinstimmend,
alle Menschen verhielten sich gleich bei einer Begegnung mit Tauben. Ihnen dann auch noch gleich Audismus und damit letztlich eine verkappte Form von Rassismus und so weiter und so fort zu unterstellen - ist gelinde gesagt dreist bzw. unverschämt. Auch widersprichst Du damit Deiner folgenden Aussage:
Zitat:
Wie du Recht hast, wissen meisten Menschen nicht mit den tauben Menschen umzugehen. Die Auseinandersetzung mit der Taubheit ist in unserer Gesellschaft ganz gering.
Denn man kann nur etwas verinnerlichen, was man weiß. Bedeutet nicht der Prozess des Verinnerlichens, dass man sich das, was man verinnerlicht mal bewusst gemacht hat?
Außerdem ist es ja nicht verwunderlich, dass die Menschen sich nur wenig mit Taubheit auseinandersetzen. Man sieht dies Behinderung nicht und sie ist so häufig nicht. Es ist wie gesagt wesentlich wahrscheinlicher einen Türken als Nachbar zu haben als einen Gehörlosen.
Schließlich
Bengie hat geschrieben:
Wie kannst du behaupten, dass zu einer Ideologie die "bewusste Reflexion" gehört, ohne es zu belegen?
Nun, das ist nicht korrekt. Der Begriff der Ideologie wird durchaus kontrovers diskutiert und es gibt sicherlich viele unterschiedliche (bzw. unterschiedlich gewichtete) Definitionen. Gemeinsam ist ihnen aber, folgendes
Zitat:
Eine Ideologie hingegen ist ein Denk-System, das auf wenigen Grundannahmen aufbaut und von diesen ausgehend versucht die gesamte Welt zu ordnen und (eventuell) Handlungsanweisungen zu geben. Kurz und knackig könnte man sagen, dass eine Ideologie reflektierte, in eine systematische Form gepackte Vorurteile sind!
- so schrieb ich weiter oben. Allein der Begriff des Denk-Systems, der im Zusammenhang mit der Ideologie immer wieder genannt wird, spricht schon dafür, dass Ideologie mit bewusster Reflexion verknüpft ist, weil man meines Erachtens nicht "
unbewusst systematisch denken" kann. Ein anderer Aspekt: Schau Dir doch mal die großen Ideologien an - im letzten Jahrhundert gab es ja genug davon - und erkläre mir dann, was an denen "unbewusst" oder "vorbewusst" sein soll.
Interessant wäre auch mal zu erfahren, was denn bitte die Grundannahmen einer audistischen Ideologie sein sollen. Bislang wird der Begriff nämlich mehr oder weniger über die Handlung definiert - und ist damit meines Erachtens fast schon selbsterfüllend.
Hartmut hat wieder ein herausragendes Beispiel für seine Wörterverdrehungsfähigkeiten abgeliefert, als er schrieb:
Zitat:
Du und ich haben verschiedene Vorstellungen vom Adjektiv audistisch. Für dich bedeutet es "Audismus ausgeübt/Audismus vorhanden". Bei mir heisst es "potentiell (= führt möglicherweise zum) Audismus".
Also ein Deutscher (Substantiv) der deutsch (Adjektiv) ist, ist nicht mehr deutsch sondern nur noch potentiell deutsch. Ebenso ist das Schöne (Substantiv) nicht mehr schön (Adjektiv) sondern nur noch potentiell schön - schöne neue Welt.
Pnin