Hallo Hartmut,
danke für deine Links – ich hatte damals das meiste gelesen, bin ja hier seit vielen Jahren dabei. Die Diskussion darüber begannst du ja schon im alten Marktplatz.
Denn es war deine Initiative – mit der Hartnäckigkeit einer Bettwanze – oder daran klebend wie Pech und Schwefel, so hatte es einen Forenschreiberin damals umschrieben – hast du in den Foren für das Wort „taub“ geworben.
Deine Begründungen aus früheren Beiträgen kenne und respektiere ich, aber halte sie für kritikwürdig. Genauso weiß ich auch, dass du äußerst kritikresistent bist
Teuber 2007:
Zitat:
Ich habe deshalb das bisher nicht haeufig gebrauchte Wort 'taub' wiederaufgelebt und ihm die ethnische Bedeutung beigegeben. Weil die ethnische Bedeutung neu ist, muss man sich daran angewoehnen und das Wort zwecks Identitaetsangabe zu verwenden.
Auf die Einwände von Forenschreibern (das Wort ‚taub’ erinnere an die medizinische Verwendung) erklärst du:
Zitat:
...bei mir ist es umgekehrt. Ich betrachte das Wort 'gehoerlos' immer medizinisch.
Es ist also offensichtlich eine subjektive Einschätzung. Ich betrachte das Wort "taub" als medizinisch wegen der Verwendung in der Medizin (ertaubt, an Taubheit grenzend) und das Wort „gehörlos“ als kulturell. Es ist verbunden mit Gebärdensprache, weil genau in der Zeit, als dieses Wort das unselige taubstumm ablöste, die Gebärdensprache politische Anerkennung fand und als kulturelle Wurzel identitätsstiftend wirkte. Diese identitätsstiftende Bedeutung (wenn du magst, sag ethnisch dazu) ist auf "gehörlos" übergegangen. So haben auch die Übersetzerinnen des Buches Deafhood von Paddy Ladd für die medizinische Bedeutung den Begriff taub gewählt und für die kulturelle Bedeutung den Begriff gehörlos.
Jetzt hast du uns alle zurück auf Start gesetzt mit dem alten, verstaubten Wörtchen „taub“. Mag sein, dass dann irgendwann auch dieses Adjektiv mit ein paar positiven Assoziationen, ein paar Glanzlichtern des politischen und kulturellen Erfolgs verbunden sein wird, vielleicht in 30 Jahren.
Das Problem der Doppeldeutigkeit beim Substantiv bleibt aber. Du schreibst:
Zitat:
Durch den bestaendigen Gebrauch von 'taub' von uns wird das Wort substantiviert mit Zeit weniger auf den Vogel zielen.
Das ist ein Wunschdenken. Du selbst vermeidest die Substantivierung auch, schreibst lieber von tauben Personen als von Tauben. Ich schrieb ja schon, die geringe Zahl der gehörlosen Sprachnutzer wird das Sprachgefühl von über 80 Millionen nicht ändern können. Ein deutscher Tauben-Bund wird sich immer lächerlich machen und eine Umbenennung in Taubenschule wird nur die Abwanderung in Regelschulen verstärken und für die Arbeitslosigkeit gehörloser Pädagogen sorgen.
Last but not least: Die deutsche Sprache hat andere Tücken als Englisch oder Französisch. Dazu zählt die Deklination von substantivierten Adjektiven. Das ist sehr schwierig für alle, die die deutsche Lautsprache nicht als Muttersprache gelernt haben. Auch gehörlose Akademiker machen hier Fehler. Da liest man von einem „Vortrag von Tauben für Tauben“ (mit dem zweiten Substantiv kann nur die gefiederte Variante gemeint sein) oder in einer Zeitschrift ist von den „Organisationen für Tauben..“ geschrieben. „...für Gehörlosen“ wäre grammatikalisch ebenso falsch, aber eindeutig. Niemand grinst. Das macht mich betroffen und traurig - dass man gehörlose Menschen der Lächerlichkeit preisgibt.
Meine hörenden Kollegen können nicht verstehen, warum Gehörlose eine abstoßende Bezeichnung freiwillig wählen. Sie suchen Begründungen wie: Das ist wie bei den Schwulen oder der Krüppelbewegung vor 40 Jahren. Abstoßende Bezeichnungen wurden absichtlich gewählt, um zu provozieren und der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. So sei das bei „taub“ und „Tauben“ bestimmt auch.
Nee, mein schwuler Kollege irrt,… ein solches Argument ist mir hier noch nie begegnet.