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Aktuelle Zeit: 28.03.2024, 10:40:15





 vor dem Gesetz


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Hallo
Das ist jetzt mein letzer Versuch... hier mal eine Kurzgeschichte reinzustellen und zu hoffen, dass sie jemand liest und sich dann noch die Mühe macht etwas dazu zu schreiben.

Ich fand sie das erste mal als ich sie gelesen habe sehr verwirrend...aber man muss sich vielleicht ein bisschen Zeit nehmen und darüber nachdenken. Macht euch doch mal bitte die Mühe.

Vor dem Gesetz
Vor dem Gesetz steht ein Türhüter. Zu diesem Türhüter kommt ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz. Aber der Türhüter sagt, daß er ihm jetzt den Eintritt nicht gewähren könne. Der Mann überlegt und fragt dann, ob er also später werde eintreten dürfen. »Es ist möglich«, sagt der Türhüter, »jetzt aber nicht.« Da das Tor zum Gesetz offensteht wie immer und der Türhüter beiseite tritt, bückt sich der Mann, um durch das Tor in das Innere zu sehn. Als der Türhüter das merkt, lacht er und sagt: »Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meines Verbotes hineinzugehn. Merke aber: Ich bin mächtig. Und ich bin nur der unterste Türhüter. Von Saal zu Saal stehn aber Türhüter, einer mächtiger als der andere. Schon den Anblick des dritten kann nicht einmal ich mehr ertragen.« Solche Schwierigkeiten hat der Mann vom Lande nicht erwartet; das Gesetz soll doch jedem und immer zugänglich sein, denkt er, aber als er jetzt den Türhüter in seinem Pelzmantel genauer ansieht, seine große Spitznase, den langen, dünnen, schwarzen tatarischen Bart, entschließt er sich, doch lieber zu warten, bis er die Erlaubnis zum Eintritt bekommt. Der Türhüter gibt ihm einen Schemel und läßt ihn seitwärts von der Tür sich niedersetzen. Dort sitzt er Tage und Jahre. Er macht viele Versuche, eingelassen zu werden, und ermüdet den Türhüter durch seine Bitten. Der Türhüter stellt öfters kleine Verhöre mit ihm an, fragt ihn über seine Heimat aus und nach vielem andern, es sind aber teilnahmslose Fragen, wie sie große Herren stellen, und zum Schlusse sagt er ihm immer wieder, daß er ihn noch nicht einlassen könne. Der Mann, der sich für seine Reise mit vielem ausgerüstet hat, verwendet alles, und sei es noch so wertvoll, um den Türhüter zu bestechen. Dieser nimmt zwar alles an, aber sagt dabei: »Ich nehme es nur an, damit du nicht glaubst, etwas versäumt zu haben.« Während der vielen Jahre beobachtet der Mann den Türhüter fast ununterbrochen. Er vergißt die andern Türhüter, und dieser erste scheint ihm das einzige Hindernis für den Eintritt in das Gesetz. Er verflucht den unglücklichen Zufall, in den ersten Jahren rücksichtslos und laut, später, als er alt wird, brummt er nur noch vor sich hin. Er wird kindisch, und, da er in dem jahrelangen Studium des Türhüters auch die Flöhe in seinem Pelzkragen erkannt hat, bittet er auch die Flöhe, ihm zu helfen und den Türhüter umzustimmen. Schließlich wird sein Augenlicht schwach, und er weiß nicht, ob es um ihn wirklich dunkler wird, oder ob ihn nur seine Augen täuschen. Wohl aber erkennt er jetzt im Dunkel einen Glanz, der unverlöschlich aus der Türe des Gesetzes bricht. Nun lebt er nicht mehr lange. Vor seinem Tode sammeln sich in seinem Kopfe alle Erfahrungen der ganzen Zeit zu einer Frage, die er bisher an den Türhüter noch nicht gestellt hat. Er winkt ihm zu, da er seinen erstarrenden Körper nicht mehr aufrichten kann. Der Türhüter muß sich tief zu ihm hinunterneigen, denn der Größenunterschied hat sich sehr zuungunsten des Mannes verändert. »Was willst du denn jetzt noch wissen?« fragt der Türhüter, »du bist unersättlich. « »Alle streben doch nach dem Gesetz«, sagt der Mann, »wieso kommt es, daß in den vielen Jahren niemand außer mir Einlaß verlangt hat?« Der Türhüter erkennt, daß der Mann schon an seinem Ende ist, und, um sein vergehendes Gehör noch zu erreichen, brüllt er ihn an: »Hier konnte niemand sonst Einlaß erhalten, denn dieser Eingang war nur für dich bestimmt. Ich gehe jetzt und schließe ihn.«




Ich hoffe dass es ganz ganz viele Antworten und vielleicht auch Diskusionen gibt.



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Diskussionen über Parabeln von Franz Kafka? Sorry, aber Kafkas Texte haben mich schon vor langen Jahren im Deutschunterricht halb-depressiv gemacht...



[wink]



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Also erstmal danke dass ich überhaupt ne Antwort kriege!
Damit hab ich ehrlichgesagt nicht gerechnet...

ich entschuldige mich natürlich ausdrücklich dafür, wenn ich jetzt schlechte Erinnerungen an den Deutschunterricht wieder zum vorschein bringe... (das war nicht meine absicht)

Kafka ist nicht jedermans fall (eigenlich auch nicht meiner...) der Mann war halt ein bisschen verrückt.
+
Aber du könntest ja mal schreiben was dich so verrück an den Texten macht.

(Hast du die geschichte gelesen)



Spitzenmitglied



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Diese Parabel scheint fuer das Taubenwesen geschrieben zu sein!

Es fuehlt sich oft, dass wir keine Macht in der hoerenden Welt haben. Viele von uns fuehlen sich schon "erschlagen" und stemmen gegen das Mitarbeiten und Mitkaempfen, um etwas am System zu aendern zu helfen. Meine konkreten Vorschlaege wurden von manchen ins Wind geschlagen. Man muss gleich dem Mann im Parabel hartnaeckig sein!


Hartmut



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Hartmut hat geschrieben:
Diese Parabel scheint fuer das Taubenwesen geschrieben zu sein!


Könnte man sagen, aber ich bin mir da noch nicht sicher.

Hartmut hat geschrieben:
Man muss gleich dem Mann im Parabel hartnaeckig sein!


Der Mann war zwar hartnäckig, aber am Ende hat er doch verloren, da das Tor doch geschlossen wird?!?

Du schreibst das sich viele von uns erschlagen fühlen (stimmt schon) und gegen das Mitarbeiten und Mitkämpfen stemmen.
Damit geben wir uns doch selbst auf.

Der Mann in der Parabel hat erst am Schluss die Lösung bekommen, das dieses Tor nur für ihn war. Wie soll ein Mensch in einer solchen Situation kämpfen wenn er nicht weiß, das dieser Weg für ihn oder das dieser weg der richtige ist?


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Ich weiß nicht ob man so sehr dem Beispiel des Mannes folgen sollte.
Denn er hat sich nicht getraut weiter zu gehen.

ER hätte ja weitergehen können der erste Türhüter hätte ihn jedenfalls nicht daran gehindert...

Aber er hatte zu viel Angst...(irgendwann in der GEschichte heißt es ja auch, dass ihm nur noch der erste Türhüter als Hindernis schein und er die anderen vergessen hat.- aber gerade der erste ist doch kein wirkliches Hindernis)


Existieren die anderen Türhüter überhaupt???



Neuling
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oh wie herrlich endlich mal etwas was den geist fördert.

Diese Geschichte gibt eigentlich nur wieder wie feige und wissendsuchend die Menschen ansich sind. Sie wollen vieles wissen doch wenn sie etwas scheres etwas unvorhersehbares machen müssen bzw. können dann ziehen viele den schwanz ein und verpissen sich oder suchen ewig nach einem umweg um doch weiter zu kommen obwohl meistens diese mauer nur erklomen werden muss um weiter zu kommen und in ein neues gebiet zu steigen und dort zu wandeln.

Ich finde solche geschichten wenn man den Sinn dahinter zu verstähen vermag sehr inspirierent.

In dem Lied von Rammstein (Dalai Lama) heist es im liedtext ..."Weiter weiter ins verderben wir müssen Leben bis wir sterben!"...
Für mich heist es immer egal in welcher situation ich bin AUFZUSTEHEN und sich an TATSACHEN zu halten ja geradezu festzuhalten. Sich an etwas zu klammern mag zwar manchmal einen bremsen um fort zu kommen aber was ist wenn das woran man sich klammert mit einem läuft? Ok ging en bissle zu weit aber ich für meinen teil halte mich an der tatsache das es keine gott gibt und es nie gegeben hat und geben wird das es nur eine moralische ansicht des menschens selber ist zu sagen was gut und was böse ist, aber es lohnt sich wieder sich aufzuraffen und wenn nötig einen anderen weg einzugehen um dochnoch weiter zu kommen. Wenn´s mir schlecht geht dann singe ich meistens ein kleines liedchen das ich beim Bund gelernt habe. "Niemals lassen wir uns Niederstrecken, stattdessen Rasen wir erst recht vor! Jedoch nicht dumm und unüberlegt, so das WIR am ende erfolgreich und siegreich sein werden!" Viele grenzen die wir übersteigen müssen oder sollten sind leider auch oft von Menschen serlber gemacht worden. Vergesst das NIE! [super] [smoke]


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Interessante Ansicht, aber Du hast schon Recht Zyankali...

wer hinfällt, aufsteht und weitermacht ist derjenige, der weiterkommt, nicht die die hinfallen und liegenbleiben. (Dazu gabs auch mal einen Spruch, nur fällt er mir nicht ein)

So kann man den Mann aus Kafkas Geschichte auch sehen. Er hat also ein Hinderniss gesehen und ist sein Leben lang davor stehen geblieben.
Der Typ aus der Geschichte war aber nicht wissensuchend genug, sonst hätte er mehr versucht als nur bei dem Türsteher sitzen zu bleiben.

Aber manchmal kann es auch gut sein, stehenzubleiben und nichts zu tun.
Erinnert mich teilweise an meine Arbeit.
Da sitzt man manchmal vor einer Aufgabe, überlegt und überlegt (hat der Typ aus der Geschichte ja auch gemacht) und sieht den Wald vor lauter Bäume nicht.

An Tatsachen festzuhalten mag manchmal hilfreich sein, aber manchmal ist es besser sich nicht an bestimmte Tatsachen zu klammern.

Zwei gute Sprüche in diese Richtung:

"Alle wussten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es gemacht"

"Nach den Gesetzen der Aerodynamik kann eine Hummel gar nicht fliegen. Sie weiß es aber nicht und fliegt trotzdem"

Ich glaub ich besorg mir Kafka..... :D


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Neuling
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Hm damit hast du recht es gibt dinge an die man sich auf keinen fall klammern sollte oder an denen man sich richten sollte. Aber wenn man keine richtlinien hat? An was oder woran orientiert man sich dann? Die einzige möglichkeit ist dann halt noch an sich zu halten was ich auch tu. Jedoch nicht nur.


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Spitzenmitglied



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Tatsachen sind oft nur Perzeption (=Ansicht). Wenn die meisten denken, dass etwas ein Problem ist und ihnen das Leben schwer machen, und wenn jemand dann Loesungsvorschlaegen vorbringt, dann wird er niedergeschrien, dass es nicht geht, dass es gegen die "Tatsache" spricht, dass man die Tatsache hinnehmen muesse und keine Unruhe stiften moechte, dass es zuviel Muehe erfordert, usw. Wir sind sozusagen zu gegenseitigen Torhuetern geworden. Nicht nuer das Tor ist Barriere, sondern eher die Torhueter! Das Tor ist nur zu oder verschlossen.

DHBDeaf, du hast Recht. Ich war zu schnell beim Lesen.

Kafkas Geschichte ist eine Warnung, nicht wie der frustrierte Mann zu sein. Es ist auch eine gesellschaftliche Lehre, dass man nicht unnoetig Torhueter aufstellen muss. Kafka waehlte brilliant "Zugang zum Gesetz" fuer die Parabel, an dem ein jeder freien Zugang haben muss, aber gehindert wurde. Nichts steht in der Geschichte, dass die Torhueter per Gesetz dort stehen muessten. Sie sind nur einfach da. Die Politiker sollen daher in Betracht ziehen, dass die Torhueter (= Barriere) unnoetig sind und diese entfernen.


Hartmut



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Zitat:
Nicht nuer das Tor ist Barriere, sondern eher die Torhueter! Das Tor ist nur zu oder verschlossen.


Da warst du schon wieder ein bisschen zu schnell beim lesen...
Den das Tor ist nicht einmal verschlossen! Und eigentlich ist der Torhüter auch kein wirkliches Hindernis, er hätte den Mann ja weitergehen lassen... das problem war die Angst des Mannes (vor den anderen Torhütern)

Am Ende der GEschichte heißt es: Das Tor war nur für den Mann bestimmt... kann man daraus nicht schließen, dass er wahrscheinlich durchgekommen wäre, dass es vielleicht gar keine wirckliche Hindernisse gegeben hätte?
[/quote]



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Ich denke mal, das es wirkklich nur den einen Türsteher gab und die anderen nur erwähnt wurden um den Mann Angst zu machen, damit er es gar nicht erst versucht.

Um es mal mit den Worten von Adidas zu sagen: "impossible is nothing"

Wenn man etwas wirklich will, dann kann man es auch.
Ohne dieses Denken wären viele Dinge auf dieser Welt wohl noch gar nicht entwickelt. Wenn es nicht Menschen gäbe die "Tatsachen" außer Acht lassen und sich trotzdem an die Dinge wagen.

Und doch stehen überall Torhüter.
z.B. das neue Gesetz, das man in alle Akten des Staates Einsicht bekommen darf. Darüber gab es neulich in der Zeitschrift Focus einen Bericht, das die zuständigen Leute immernoch alles versuchen, die Leute davon abzuhalten, ob mit Fristen, überhöhten Gebührenforderungen oder einfach mit den Worten: "Verschlusssache" oder "Geheim"
Wozu dann das Gesetz?
Diese Leute sind wie die Türsteher in Kafkas Geschichte. Sie sind die einzigen die zwischen dem Informationssuchenden und der Information stehen.
Und oft erreichen diese leute auch, das sich die Menschen dann verhalten wie der Mann in Kafkas Geschichte: Sie geben frustriert auf.


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@DHBdeaf: ich bin da ganz deiner meinung.

ABer was ist überhaupt mit dem Gesetz gemeint...?
MEint Kafka mit dem Gesetz wirklich das GEsetz im Sinne von Recht. vielleicht ist es auch irgendein überstehender Begriff... was z.B für den Sinn des Lebens oder etwas ganz anderes steht?


@ bengie: Das ist leider zu hoch für mich.



Neuling
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Er meint damit zwei dinge aufeinmal

1. Tatsächlich das Gesetz selbst, in der Form das man das Recht bekommt in einer gleichen Geselschaft wie die Anderen leben zu dürfen und nicht irgendwoe ausgeschlossen zu werden.

2. Die Gier nach dem Unbekannten und die Angst was dahinter steckt.

So gesehen kann man es auch so nemen. Mann will wo dazu gehören. zu einer welt oder sache wo man der Meinung ist diese sei besser und mann wölle dazu gehören. Was nicht unbedingt schlecht sein muss, andererseits kann es auch eine kaum zu überwindende Hürde sein.


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Diese Geschichte stammt übrigens aus einem Werk Kafkas, das der Prozeß heißt.

Ich habe es jetzt endlich geschafft auch dieses Buch zu lesen. Es ist übrigens nicht zu lang (ca 270 Seiten). Wer auch mal reinschauen möchte... aber den TExtband nicht kaufen möchte sollte mal hier rein schauen.

http://gutenberg.spiegel.de/kafka/prozess/prozess.htm

Ich habe erst heute das Buch fertig gelesen und es ist sicherlich kein Buch das pure Unterhaltung ist...
ehrlichgesagt ist man vom Ende ein bisschen entäuscht, weil man eigenlich keine Antworten auf die Fragen bekommt die sich wärend des Buches einem stellen.
Trotzdem regt das Buch zum nachdenken an. (Ich mach mir jetzt noch Gedanken darüber... und weiß nocht nicht so recht was ich von dem ganzen halten soll) und ist somit duchaus lesenswert.

Kurze Beschreibung des Inhalts:
Der Prokurist Josef K. wird eines Morgens von einigen Fremden Menschen in seiner Wohnung aufgesucht, die ihm mitteilen, dass er verhaftet wird.
Allerdings erfährt weder Josef K. noch der Leser weshalb Herr K. verhaftet wird. (Diese Frage stellt sich dem Leser zwar ...aber im Buch wird diese Frage weitesgehen ignoriert, auch K. scheint es nicht für wichtig zu halten.) Obwohl K. verhaftet ist geht sein Leben "normal" weiter.
Das Gerichtssystem ist sehr komisch.... Herr K. kann nichts zu seinem Prozeß beitragen und auch das Gesetz kennt niemand.

Immer mehr muss K. erkennen, ist das all sein handeln angesichts dieser Bürokratie sinnlos ist... doch er sucht immer wieder nach neuer Hilfe.



Diese Inhaltsangabe wirkt wohl ziemlich verworren... ich habe es leider nicht besser hingekriegt. Vielleicht findet ja jemand in den unendlichen weitend es Internets eine noch Bessere.




 vor dem Gesetz





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